Iserlohn. Da die Volkshochschule Iserlohn aus versicherungstechnischen Gründen nicht selbst als Reiseveranstalterin auftritt, greifen die motivierten Teilnehmer eines Polnisch-Aufbaukurses regelmäßig zur “Selbsthilfe” und organisieren privat Studienreisen in das Nachbarland mit der längsten gemeinsamen Grenze. Jolanta Lorenz, die engagierte Kursleiterin, reist als kundige Teilnehmerin unter vielen privat mit.
Diesmal stand Danzig mit seiner über tausendjährigen Geschichte als Semesterab-schlussfahrt auf dem Programm. Wie in den Vorjahren in Krakau und Breslau wollten die Polenfans, die schon seit drei Semestern Polnisch lernen, gemeinsam Kultur erleben sowie vor allem die Sprache an Ort und Stelle praktisch anwenden.
Hier ein Reisebericht:
Trotz verspäteten Abflugs nutzte die polenbegeisterte Gruppe gleich den ersten Abend, um zumindest noch ein wenig in das besondere Flair Danzigs einzutauchen und sich mit ersten Sprachanwendungen sowie dem Genuss der geschätzten polnischen Küche (einschließlich passender Getränke) auf ihren einwöchigen Aufenthalt einzustimmen. Ein optimaler Auftakt für die intensive Erkundung der “Rechtstadt Danzig” am nächsten Tag. Klar, dass der Königsweg über die Lange Straße und den langen Markt mit den unzähligen historischen Bauten im Mittelpunkt stand. Man überlegte gemeinsam, hinter welchem Fenster des Stockturms “Blechtrommler” Oskar wohl zerklirrend trommelte, stand bewundernd vor dem Haus, in dem Eichendorff seine Novelle “Aus dem Leben eines Taugenichts” vollendete. Beeindruckt von der Vielfalt und Schönheit der Außen-fronten tauchte die Gruppe beim Besuch der Innenräume im Uphagenhaus in die Wohnkultur der reichen, selbstbewussten Danziger Kaufleute ein und verschaffte sich im Artushof einen Eindruck vom imposanten Rahmen ihrer gesellschaftlich-geschäftlichen Aktivitäten. Gemeinsam genoss man das geschäftige Treiben rund um den kunstvollen Neptunbrunnen, beobachtet von der unglücklichen Jungfrau Hedwig, um dann den Weg fortzusetzen durchs grüne Tor entlang der alten Hafenquais zum Krantor. Dieses Wahrzeichen Danzigs mit einem der ältesten Hebekräne der Welt nutzte die gut vorbereitete Gruppe, um sich der Aufbauleistung der polnischen Bevölkerung nach dem Krieg bewusst zu werden, wurde doch das Krantor wie das meiste in Danzig 1945 zu großen Teilen zerstört. Bei allen Besichtigungen kam übrigens die Erprobung des Polnischen nicht zu kurz: Je nach Kenntnisstand vermittelten die Teilnehmenden ihre Informationen zu den Gebäuden und der Danziger Geschichte in Polnisch und Deutsch.
Die jüngere Geschichte stand am nächsten Tag im Vordergrund. Mit dem Piratenschiff fuhr die Gruppe zur Westerplatte, um sich dort an den Beginn des Zweiten Weltkrieges und die damit verbundenen Menschenopfer zu erinnern. Der anschließende Besuch der Gedenkstätte Solidarnosc machte deutlich, dass Wege zur Freiheit nicht einfach aber vielschichtig sind. Ein Eindruck, der sich durch die begleitenden Polinnen noch intensivierte. Die Opfer der Gewalt bezahlten einen hohen Preis, zum Teil den höchsten, mit ihrem Leben. Aber ohne ihren Einsatz, wäre dann die Mauer in Berlin gefallen?
Höhepunkte ganz anderer Art warteten auf die Besucher an den folgenden Tagen: die reizvolle Umgebung Danzigs. Landschaftlich ein unbeschreiblicher Genuss und gleichzeitig ein technisches Wunderwerk: der Oberlandkanal, wo Schiffe über die Wiese fahren. Allein durch Wasserkraft überwinden die Schiffe auf fünf geneigten Ebenen die fast 100 Meter Höhenunterschied. Und der nächste Höhepunkt gleich nach kurzer Fahrt: Die imposante Marienburg, ehemaliger Hauptverwaltungssitz des Ritterordens. Überrascht stellt die Gruppe fest: Iserlohn ist hier kein unbekannter Ort. Jahrelang arbeitete der polnische Reiseführer in Iserlohn, seine Schwester lebt dort!
Der Danziger Stadtteil Oliwa bezauberte durch seine Parkanlage und seine Kathedrale mit der 7.876 Pfeifen umfassenden Orgel, eine der größten Europas, deren Klangfülle die Gruppe bei einem leider viel zu kurzen Konzert erleben konnte. Im traditionsreichen Badeort Zoppot mit der längsten hölzernen Seebrücke Europas verzichtete man wie in Hel auf eigene Badefreuden, um fasziniert das quirlige Geschehen zu bewundern. Immerhin: Barfuß ging es in Hel auf feinem Sandstrand zum nördlichsten Punkt Polens.
Das Erkunden der Altstadt Danzigs mit abschließendem Höhepunkt (im wahrsten Sinne des Wortes), dem Besteigen des Marienkirchenturms mit seiner umwerfenden Aussicht sowie ein letztes Ausklingen des Tages unter den Klängen der Straßenmusikanten in der faszinierenden Mariacka (Frauengasse) bildeten den Abschluss einer unver-gesslichen Woche in Danzig. Damit die aus privaten oder beruflichen Gründen verhinderten Kursteilnehmenden daran zumindest gedanklich teilhaben konnten, traf man sich gleich am nächsten Tag mit ihnen, um begeistert zu berichten. Gemeinsam freut man sich jetzt auf die nächsten Semester, auch wenn jetzt erst einmal wieder Vokabeln und Grammatik angesagt sind. Schließlich will man das nächste Mal wieder ein bisschen flüssiger parlieren.
Weitere Informationen zu diesem reisefreudigen Polnischkurs (Nr. 41710), der ab 21. September immer mittwochs von 17.30 bis 19.00 Uhr in der Volkshochschule Iserlohn, Bahnhofsplatz 2, stattfindet, sind unter der Rufnummer 02371 / 217-1943 erhältlich.
Quelle: Stadt Iserlohn