Iserlohn – „Ich habe die Frage des Chefs einfach nicht verstanden und mich nicht getraut, nachzufragen!“, berichtet *Hamed (20, *Name geändert) über sein erstes und bislang einziges Bewerbungsgespräch in Iserlohn, seiner vorerst neuen Heimat. Hamed ist „Bundesfreiwilliger“ und absolviert seinen Bundesfreiwilligendienst für ein Jahr in einer Schule in der Betreuung. Vor knapp zwei Jahren ist der 20-Jährige aus dem zerbombten Aleppo in Syrien geflüchtet. Seine Familie hat er seitdem nicht mehr gesehen. Eltern und vier Geschwister haben sich bis nach Schweden durchgeschlagen. Hameds ungeklärter Status als Geflüchteter verhindert, dass sie zusammen sein oder sich auch nur besuchen könnten. Das ist schwer zu ertragen für einen traumatisierten jungen Mann, einen von vielen. Vor hohen Hürden steht Hamed auch bei der Suche nach Arbeit. „Wie verhalte ich mich in einem Vorstellungsgespräch? Darf ich mit den Händen reden? Darf ich Fragen stellen? Wer spricht?“ – Deutsche Kultur, deutsche Umgangsformen – woher sollen Menschen wie Hamed das wissen? Sie sind neu in diesem Land. Und auch in der deutschen Sprache fühlen sie sich längst noch nicht Zuhause. Denn ihre Muttersprache ist meist Arabisch, aber auch Französisch oder Armenisch.
In Iserlohn bekommen Geflüchtete im Bundesfreiwilligendienst jetzt Hilfe. In einem in Deutschland wahrscheinlich einmaligen Projekt erhalten sie ein praktisches Bewerbertraining. Kreiert und organsiert hat es Sabine Hinterberger, die seit mehr als vier Jahren die pädagogische Begleitung der Bundesfreiwilligen beim Bereich Beschäftigungsförderung der Stadt Iserlohn übernimmt. Inhaltlich mit Leben gefüllt hat das Projekt die Kommunikationstrainerin und Diplom-Psychologin Claudia Tölle aus Soest. Yasser Abeid hat das Seminar als Dolmetscher begleitet. Der ehemalige Bundesfreiwillige war vor seiner eigenen Flucht Anwalt in Syrien. Gemeinsam haben sie das „praktische Bewerbertraining für Bundesfreiwillige“ Ende September erstmals durchgeführt:
„Zwei Tag lang ging es in zwei kleinen Gruppen darum, Fragen zu klären und ganz praktisch zu üben, was man wie tun muss und wie man sich vorbereiten kann“, erläutert Sabine Hinterberger den Ablauf dieses ganz besonderen Bewerbertrainings. „B1“ heißt im Fachjargon das Sprach-Level, auf dem sich die meisten bewegen: Das reicht für eine Unterhaltung im Alltag. Beim Vorstellungsgespräch wird´s aber schwierig. Immer wieder fehlen wichtige Vokabeln.
Viele Fragen hatten auch deshalb die insgesamt fünf Frauen und neun Männer, die an dem Bewerbertraining teilgenommen haben und die bereit sind, an einem neuen Ort noch einmal ganz von vorne anzufangen. Sabine Hinterberger und Claudia Tölle zeigten sich beeindruckt von der Motivation und dem Willen der Teilnehmer. „Die Männer und Frauen sind wahnsinnig ehrgeizig. Sie wollen unsere Sprache besser lernen, gute Arbeit leisten, einen Ausbildungsplatz bekommen“, sagt Sabine Hinterberger und Claudia Tölle ergänzt: „Es wäre toll, wenn viele Geflüchtete die Chance zu einer solchen Unterstützung bekämen. Ich bin hier in zwei Tagen überzeugt worden: das ist ein entscheidender Baustein der Hilfe zur Selbsthilfe.“
Quelle: Stadt Iserlohn