Am Samstag wird in der Abtei Königsmünster ein neuer Abt gewählt. Er wäre der vierte Abt in der Geschichte der Abtei. Aber was geschieht auf dem Klosterberg? Es ist eine Wahl ohne Kandidaten. Was in unserer Demokratie unmöglich zu sein scheint, hat hier einen doppelten Akzent: Alle tragen Verantwortung für die Gemeinschaft. Und: die Mönche vertrauen auf das Wirken des Heiligen Geistes. Deshalb steht zum Beginn der Wahl auch ein Gottesdienst zum Heiligen Geist. Der wird am Samstag um 7.15 Uhr in der Abteikirche sein.
Doch bereits am Tag zuvor treffen sich alle wahlberechtigten Mönche der Abtei im Kapitelsaal – dort, wo auch die Wahl stattfinden wird. Dort findet die „Vorwahl“ statt. Grundsätzlich sind alle Priester der Abtei und der Kongregation von St. Ottilien wählbar, die das dreißigste Lebensjahr vollendet haben und vor mindestens fünf Jahren ihre Feierliche Profess abgelegt haben. Alle, die aus diesem Kreis bei der „Vorwahl“ mindestens eine Stimme erhalten haben, stehen am nächsten Tag zur Wahl.
Die Wahl ist geheim. Nach einleitenden Riten, einer kurzen Ansprache des Abtpräses, der die Wahl leitet, einem Gebet und einem Versprechen der Mönche werden nacheinander alle Mönche namentlich aufgerufen und bringen ihre Stimme zur Urne. Gewählt ist, wer zwei Drittel der abgegebenen Stimmen auf sich vereinigt. Das gilt auch für die vielleicht notwendigen nächsten drei Wahlgänge. Im fünften und sechsten Wahlgang genügt die absolute Mehrheit. Wird auch hier kein Abt gewählt, wird im siebten Wahlgang zwischen den beiden Kandidaten, die die höchsten Stimmen erreicht haben, mit einfacher Mehrheit ein „Prior Administrator“ gewählt: ein Mönch, der für die nächsten drei Jahre die Leitung der Abtei übernimmt.
Während all dies in der Abgeschlossenheit des Kapitelsaals stattfindet, wird nach der Wahl auch die Öffentlichkeit informiert. Kein weißer Rauch steigt auf – aber die Glocken der Abtei werden läuten. Während vielleicht schon die ersten in die Abteikirche kommen, laufen im Kapitelsaal neben dem Glaubensbekenntnis des Gewählten noch die notwendigen Formalia. Der Gewählte bekommt das Siegel des Klosters und als Abt das Brustkreuz überreicht. Anschließend ziehen wir gemeinsam in die Kirche ein. Nach Gesang und Gebet wird der neue Abt an seinen Platz geführt und übernimmt damit die Leitung des Klosters. Feierlich singen alle das TE DEUM – Großer Gott, wir loben dich …
Ist es verwunderlich, wenn eine solche Wahl auch im Vorfeld schon ganz andere Züge hat als eine Parlamentswahl? Keine Plakate, Wahlgeschenke und Wahlreden. Stattdessen eine intensive Auseinandersetzung des Konventes mit seiner eigenen Situation, aber auch mit Fragen nach der Leitung heute allgemein, der Einbindung in Kirche und Gesellschaft und die eigenen benediktinischen Wurzeln. An verschiedenen Tagen beschäftigten sich damit die Mönche – und legten so eine Grundlage für die Wahl, die nicht an Personen gebunden ist.
Damit wird auch deutlich, dass eine neue Abtswahl kein „Regierungswechsel“ ist. Natürlich wird ein neuer Abt auch neue, eigene Akzente setzen, Impulse geben. Im Vordergrund aber steht die Kontinuität der Gemeinschaft, ihres gemeinsamen Lebens und Arbeitens. Die stille Anbetung vor dem Allerheiligsten und auch die Novene der letzten Woche machen es deutlich: Im Mittelpunkt steht der Glaube. Ihn zu leben und ihn weiterzugeben, Zeugen zu sein für die frohe Botschaft des Evangeliums, Werkzeug, damit dieser Glaube lebendig bleibt – das wollen die Mönche. Und CHRISTUS, DEM WAHREN KÖNIG nichts vorziehen, wie es der Wahlspruch der Abtei Königsmünster sagt.
