„Leben Sie gern in Züschen?“ Das war eine der Fragen aus der umfangreichen Bürgerbefragung, die im vergangenen Jahr in Züschen durchgeführt wurde. Und das Ergebnis lautet eindeutig: „Ja!“ Der Verein für Stadtmarketing Winterberg mit seinen Dörfern e. v. hat die Ergebnisse im Rahmen einer Bürgerversammlung vorgestellt.
Knapp 100 Züscher Bürgerinnen und Bürger konnte der Ortsvorsteher Robert Völlmecke in der Schützenhalle begrüßen. „Ich freue mich, dass so viele interessierte Bürger da waren. Das ist ein deutliches Zeichen der Identifikation mit unserem Ort.“ so Völlmecke. Rund 1500 Fragebögen sind an Züscher ab 15 Jahre verteilt worden. 260 Personen quer durch alle Altersschichten haben die Fragebögen ausgefüllt. Dabei ist die Altersschichtung identisch mit der aktuellen Altersschichtung. Insofern kann diese Bürgerbefragung durchaus als repräsentativ betrachtet werden.
Eine Arbeitsgruppe engagierter Bürger unter Leitung von Elke Kappen hat in Zusammenarbeit mit dem Stadtmarketingverein den bisherigen Dorfentwicklungsprozess begleitet und die Bürgerbefragung vorbereitet, durchgeführt und ausgewertet. Unterstützt wurde der Prozess zudem von der Regionalmanagerin der LEADER Region Hochsauerland, Verena Traumann.
Bevor die konkreten Befragungsergebnisse vorgestellt wurden, präsentierte Stadtmarketing-Geschäftsführer Michael Beckmann das Ergebnis eines Leader Projektes, das die Leerstände oder auch potenzielle Leerstände in den Orten ermittelt hat. So stehen zwar in Züschen derzeit nur 16 Häuser leer. Die Prognosen sind allerdings deutlich schlechter. Perspektivisch kommen in den nächsten Jahren weitere 50 Häuser dazu. „Somit kann das Ausweisen neuen Baulandes als ein Instrument, die Ortsteile zu attraktivieren, nicht mehr gelten“, schlussfolgert Beckmann. Es müsse in Zukunft darum gehen, zunächst in den Dörfern verfügbare Bauflächen zu verdichten, um die Dörfer auch im Innenbereich attraktiv zu halten, so Beckmann.
Viele Fragebögen sind umfangreich kommentiert zurückgekommen. „Man merkt, dass den Züschern ihr Dorf und die zukünftige Entwicklung am Herzen liegt“, lobte Beckmann. Ausgangspunkt der Bürgerbefragung war die im Jahre 2008 entwickelte Tourismuskonzeption für die Ferienwelt Winterberg. Dort waren für alle Ortsteile Winterbergs konkrete Ortsprofile vorgesehen. Ziel dieser Profilierung ist es, ortsgebundene Konzepte zu entwickeln, um die Dörfer zukunfts- und lebensfähig zu erhalten. So trägt Elkeringhausen beispielsweise seit drei Jahren den Titel Gesundheitsdorf. Für Züschen war zunächst das Profil „Mythen- und Sagendorf“ vorgesehen. Dieses ursprünglich vorgesehene Profil wurde in einem intensiven Diskussionsprozess zum „Dorf der Sinne“ weiterentwickelt. Diese Profilierung war jetzt ein wesentlicher Bestandteil der Befragung. „Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels sind die Ergebnisse interessant und aussagekräftig, aber insgesamt nicht überraschend“, bewertete Beckmann die Auswertung. Zudem wurden viele positive kreative Ideen zum Dorf der Sinne und zu weiteren Aspekten des Dorflebens in Züschen gesammelt.
Die Entwicklung, die die Züscher Bürger sehen, ist im Kern in allen Orten im Sauerland zurzeit vorhanden. Allerdings könne man die Ergebnisse nicht eins zu eins auf andere Orte übertragen. „Jeder Ortsteil hat seine typischen Besonderheiten und diese müssen gepflegt und weiterentwickelt werden, sonst verlieren die Orte ihren persönlichen Charakter“, so Beckmann weiter.
Neben den vielen positiven Aspekten, die das Leben in Züschen mit sich bringt, ließen die demographischen Daten aufhorchen. Züschen hat in den vergangenen Jahren mehr als zehn Prozent der Einwohner verloren. Diese Entwicklung geht auch in den nächsten Jahren mit ungebremster Dynamik weiter. Die Infrastruktur – ob öffentliche oder private – im Ort muss daher durch immer weniger Menschen aufrechterhalten werden. So wurden dann auch in der Bürgerversammlung Befürchtungen zum Thema Schule oder auch Kindergarten geäußert. Klar wurde: Man muss die Menschen für das Leben in den Dörfern begeistern und versuchen, neue Menschen für das Leben in der Region zu gewinnen. „Das ist eine große Herausforderung in allen Dörfern“, betont Beckmann. Die Lebensqualität in den Dörfern müsse daher ins Schaufenster gestellt werden.
Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang aber auch die Weiterentwicklung des Tourismus. Gäste, die Kaufkraft in den Ort bringen, sind wichtig, um die Infrastruktur auch für die Wohnbevölkerung zu sichern. Daher sind die Ortsteile auch aufgerufen, sich Gedanken über eine gezielte touristische Produktentwicklung zu machen. Ein weiterer Punkt, der aufhorchen ließ, war das Thema der Information. Viele Angebote in Züschen sind selbst alteingesessenen Züschern nicht bekannt, so die Befragung. Hier soll Abhilfe geschaffen werden. Zunächst sollen die Informationen an zentraler Stelle gesammelt werden. Dann soll eine innovative Dorfinformation erarbeitet werden, die einen guten Überblick über alle Angebote und Veranstaltungen in Züschen vermitteln soll. „Diese Dorfinformation kann Pilotcharakter für die weiteren Nebenzentren der Ferienwelt Winterberg wie Niedersfeld und Siedlinghausen haben“, so Beckmann.
Auch die Dorfjugend soll in den weiteren Prozess eingebunden werden. „Wir müssen in unserer Jugend ein positiv besetztes Heimatgefühl erzeugen, dann binden wir sie auch in Zukunft an unsere Region. Hier müssen wir sicher neue Wege beschreiten“, sind sich Ortsvorsteher Völlmecke und Beckmann einig. Im Anschluss an die Bürgerversammlung wurden vier Arbeitskreise mit den Titeln „Wirtschaft/Tourismus“, „Wald“, „Jugend/Internet“ und „Dorfbild“ vorgestellt, die im März ihre Arbeit aufnehmen werden. Erste Bürger haben bereits im Anschluss an die Bürgerversammlung ihre Mitarbeit in den Arbeitskreisen bekundet. Maximal zwei bis drei Treffen sind vorgesehen. Die Ergebnisse sollen dann im zweiten Halbjahr 2012 in der Dorfgemeinschaft vorgestellt und deren Umsetzung beraten werden.
Text: Jessica Korn