Waldflächen in Stiftung zu überführen, stößt auf verfassungsrechtliche Bedenken
Kritik an Stilllegung der Waldflächen
Schmallenberg – Mit großem Unverständnis haben die mittelständischen Sägebetriebe im Sauerland die gerade veröffentlichte Biodiversitätsstudie der NRW-Landesregierung aufgenommen. Insbesondere der Plan, rund 50 Prozent des NRW-Staatswaldes (nämlich 60 000 von 120 000 ha) aus der forstwirtschaftlichen Nutzung herauszunehmen, ruft Fassungslosigkeit hervor. Auch die Verfahrensweise wird von den Sägern kritisiert. Sie stehen damit aufseiten des Bundes Deutscher Forstleute (BDF) und des Dachverbandes der deutschen Säge- und Holzindustrie (DeSH), die den Plan von NRW-Umweltminister Johannes Remmel ebenfalls stark kritisieren.
„Jedem, der sich mit der Lage in Südwestfalen auch nur halbwegs auskennt, ist klar, dass die Sägewerke hier im Lande schwer zu kämpfen haben, weil die Rohstoffversorgung seit dem Sturm Kyrill im Jahr 2007 prekär ist“, erläutert Hans-Georg Pieper von der Initiative Holz und Arbeit NRW. Sein Betrieb in Olsberg musste in den vergangenen Jahren deswegen bereits Personal abbauen. Vielen anderen holzverarbeitenden Betrieben geht es ähnlich, weil Rundholz aus der Heimat zu knapp und damit zu teuer wurde. Immer mehr Betriebe sind daher gezwungen, den Bedarf durch Bezug aus entfernten Regionen und Importe zu decken. Holz ist aber nahezu überall zu knapp. Importe können daher keinen Ausgleich schaffen. Auch rechnen sich Importe nicht wegen der hohen Transportkosten und sind ökologisch nachteilig. „Unsere Forstwirtschaft arbeitet mit den weltweit höchsten ökologischen und sozialen Standards. Es ist ein Irrsinn, wenn die Landesregierung durch Stilllegungen einen Beitrag dazu leistet, dass eventuell zukünftig Holz aus Ländern mit deutlich geringeren Standards importiert werden muss“, sagt Pieper. Das Vorhaben der NRW-Landesregierung setzt die Branche nun von einer ganz neuen Seite zusätzlich unter Druck.
Die Säger befürchten, dass die Flächen, wenn der Remmel-Plan aufgeht, unwiederbringlich in eine Stiftung überführt werden. Keine kommende Landesregierung könnte mehr über diese künstlich geschaffenen Wildnisflächen entscheiden und die Aktion umkehren. Die Säger schließen sich insofern den verfassungsrechtlichen Bedenken des Bundes deutscher Forstleute (BDF) an. Kritisiert wird auch die Art und Weise, wie der Plan in die Welt gesetzt wurde: Während in den vorausgehenden Beratungen auf Verbandsebene in den Arbeitspapieren keine Aussage über die geplante Flächenstilllegung gemacht worden war, sind nun die Zahlen aus Sicht der Säger „wie aus heiterem Himmel und ohne jegliche Erörterung mit den Gesprächspartnern“ offiziell gemacht worden. Pieper: „Ich bin von der Politik und dieser Vorgehensweise massiv enttäuscht. Eine solche Verfahrensweise hat mit Demokratie nichts mehr zu tun.“
Dr. Hubertus Weber, Geschäftsführer der Team Timber GmbH, einem Vermarktungszusammenschluss der sauerländischen Säger: „Man muss übrigens auch rein fachlich nach dem Sinn fragen. Zweifelsohne weist der Wald in NRW eine erheblich höhere – und zudem kontinuierlich wachsende – Biodiversität als andere Flächen auf und leistet einen erheblichen Beitrag zum Artenschutz. Wald aus der Nutzung zu nehmen nützt nichts sondern schadet außerdem dem Klimaschutz.“ Kein Säger könne verstehen, warum die Düsseldorfer Bürokratie ein seit Jahrhunderten entwickeltes und ausbalanciertes System von Ökonomie und Ökologie im Wald zerschlagen wolle. „Wir fragen uns ganz im Ernst: wo liegt der Nutzen einer solchen Biodiversitätsstrategie?“
Einen klaren Zusammenhang sehen Fachleute insofern auch zum Düsseldorfer Vorhaben, mehr Wildnisflächen zu schaffen und den Baumbestand langfristig zu verändern: Weg von dem relativ schnell wachsenden Nadelholz, hin zu mehr Laubholz. Die Forst- und Holzwirtschaft droht in ein wirtschaftliches Desaster zu fallen.
Übrigens hatte ausgerechnet eine Studie des NRW-Landwirtschaftsministeriums zum Thema Holzverwendung und Klimaschutz gezeigt: Nachhaltige Waldbewirtschaftung und langlebige Holzverwendung sind das überlegene Konzept. Johannes Remmel hatte auch zugesagt, die Landesbauordnung zu modernisieren und das Bauen mit Holz zu forcieren. Forstleute und Säger vermissen die zugesagten Ergebnisse.