In der Gaststätte Pulverturm in Meschede kamen auf gemeinsame Initiative von Dirk Wiese (Vorsitzender der HSK-SPD) und Dr. Gerd Lanz (Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft 60plus innerhalb der HSK-SPD) am 8. Oktober eine stattliche Zahl von älteren und jüngeren Bürgerinnen und Bürgern am 20. Todestag von Willy Brandt zusammen. Dirk Wiese berichtete zu Beginn, dass im Rahmen der Vorbereitungen zum Parteijubiläum 2013 – 150 Jahre SPD spontan die Idee aufkam, sich anlässlich des Todestages von Brandt in gemütlicher Runde zu treffen und Erinnerungen auszutauschen. Dies wird der Auftakt sein zu einem ganzen Reigen von Aktivitäten im Zusammenhang mit dem 150 jährigen Parteijubiläum und anderer Gedenktage in diesem und im nächsten Jahr. Neben Veranstaltungen, Vorträgen und Ausstellungen ist auch die Herausgabe einer Chronik zur heimatlichen Sozialdemokratie in Arbeit.
In seiner Begrüßungsrede umriss Dirk Wiese kurz die politischen Stationen Brandts vom Emigranten, über den Berliner Bürgermeister bis hin zum Kanzler und Parteivorsitzenden. Mitglieder des Arbeitskreises Parteijubiläum trugen vor, was sie über die Beziehungen von Willy Brandt und dem Sauerland ausgegraben haben.
Viele – damals – jüngere Leute traten in den 1960er und Anfang der 1970er Jahre im Sauerland nicht zuletzt wegen des charismatischen Brandts in die SPD ein und es entstanden neue Ortsvereine. Unvergessen bei vielen noch heute ist die Begeisterung und das große Engagement der „Willy-Wahl“ von 1972. Die Beziehungen Brandts zum Sauerland begannen mit einer Panne. Der damalige regierende Bürgermeister von Berlin wollte 1961 bei einer Wahlkampfveranstaltung in Arnsberg sprechen. Er sollte mit einem Flugzeug in Meschede-Schüren landen. Heute fast unvorstellbar für einen Politiker egal welcher Partei, haben damals nach einem zeitgenössischen Zeitungsbericht zahlreiche Menschen auch an der Fahrtstrecke gewartet, um den damaligen Hoffnungsträger der Partei zu sehen. Sie warteten vergebens! Wegen des schlechten Sauerländer Wetters konnte Brandt nicht landen. Ein Jahr später im Rahmen des nordrhein-westfälischen Landtagswahlkampfes machte Brandt die Sache durch eine große Veranstaltung unter freiem Himmel wieder gut.
Ein weiteres Mal war Brandt 1976 anlässlich des Bundestagswahlkampfes im Sauerland. Nach Erinnerungen von Teilnehmern des Erzählcafés hat er zunächst eine Schifffahrt auf dem Hennesee absolviert, ehe er nach Hüsten zu einer großen Wahlkampfveranstaltung fuhr. Politische Weichen hat er nach einem Bericht des Ehrenvorsitzenden der HSK-SPD Jochen Westermann vor der Landtagswahl von 1978 im Sauerland zu Gunsten von Johannes Rau gestellt. „ Damals war Willy Brandt im Sauerland und wanderte mit den Genossinnen und Genossen bergauf bis nach Hoheleye. Abends gab es eine zünftige Fete mit Baumstamm sägen und Schindeln schlagen. Später zog sich Willy mit seiner bekannten Rotweinflasche auf sein Zimmer zurück. Da tauchten Johannes Rau und Hermann Heinemann, mächtiger Vorsitzender im SPD-Bezirk Westliches Westfalen, im abgelegenen Hoheleye auf. Niemand weiß, was dort auf dem Zimmer besprochen wurde. Aber höchstwahrscheinlich ging es um die Unterstützung von Johannes Rau. Jedenfalls wurde Johannes Rau Ministerpräsident und Landesvorsitzender.“
Zum letzten Mal war Brandt 1990 erneut bei einem Bundestagswahlkampf im Sauerland. Im Vorfeld war unklar, ob die Veranstaltung überhaupt stattfinden konnte, bemühte sich Brandt doch vor dem Hintergrund des drohenden ersten Golfkrieges um die Freilassung von Geiseln im Irak. Auf Anraten der Bundesregierung sagte er eine geplante Reise in die Krisenregion ab und konnte daher doch nach Meschede kommen. Begeistert feierten die rund 1200 Besucher in der Schützenhalle in Meschede den damaligen Ehrenvorsitzenden der SPD mit „standing ovations.“ Es war die größte Veranstaltung der Sauerländer SPD seit Jahren. Besucher kamen sogar aus dem Siegerland, dem Münsterland und dem östlichen Ruhrgebiet. Wie sich Teilnehmer erinnerten, war Brandt schon sichtlich von Krankheiten geschwächt, nichtsdestotrotz hielt er es für seine Pflicht für seine Partei zu streiten. Knapp zwei Jahre später verstarb er und wurde in der Region tief betrauert.
Andere Teilnehmer des Erzählcafés ergänzten diese Episoden um Berichte von ihren Begegnungen mit Brandt. Besonders beeindruckend war der Bericht einer Dame, die 1961 kurz nach dem Mauerbau Studentin in Berlin war. Sie beschrieb die Stimmung, die auf der großen Versammlung vor dem Schöneberger Rathaus mit Brandt und dem amerikanischen Vizepräsidenten Lyndon B. Johnson herrschte. „Obwohl dies damals nur wenige hoffen konnten, begann an diesem Tag ein Prozess der 1989/90 zur Wiedervereinigung führte“, so die Zeitzeugin. Weitere Informationen zu Veranstaltungen der HSK-SPD und zum Parteijubiläum 2013 – 150 Jahre SPD gibt es auch immer aktuell unter www.hsk-spd.de.
Quellennachweis: Marion Krause-Grömmer
-Mitarbeiterin-
SPD Unterbezirk Hochsauerlandkreis