„Gelobte Kreuze“ als Ausdruck von Tradition und tiefer Religiosität
Winterberg/Hallenberg – Bewusstseinserweiterung, Rückbesinnung auf traditionelle Werte, Naturerfahrung und Neuausrichtung des Lebens – gern auch vor dem Hintergrund christlicher Werte: Spirituelles Wandern erlebt zurzeit eine Renaissance. Am langen Pfingstwochenende bietet sich eine solche Tour an. Es muss nicht immer gleich eine lange Pilgerwanderung sein. Das katholisch geprägte Hochsauerland ist reich an religiös bedeutsamen Orten.
Wer die Region durchstreift, stößt auf Schritt und Tritt auf Relikte, die an das Leben und den Glauben der Vorfahren erinnern. Ihre Bedeutung erschließt sich demjenigen, der ihre Geschichte kennt. Der Wanderweg „Gelobte Kreuze“ in der Ferienregion Winterberg verbindet 19 dieser Orte zu einer Wandertour. Er führt vorbei an alten Weg-Kreuzen und Segenshäuschen und gibt Einblicke in die Geschichte und Traditionen des Hallenberger Stadtteils Liesen und offenbar wunderbare Einblicke.
Die Kreuze zeugen von tiefer Religiosität, von Dankbarkeit und Gedenken an lang zurückliegende Ereignisse. Sie erzählen Geschichten vom Leben der Menschen in früheren Zeiten, von ihren Schicksalsschlägen, von Wendungen zum Guten und vom unerschütterlichen Glauben an einen Gott, der die Geschicke der Menschen lenkt – und ihre Gebete erhört.
So soll im dreißigjährigen Krieg in Liesen eine schwere Viehseuche umgegangen sein und große Verluste verursacht haben. Damals hätten die Menschen gelobt, wenn das Unheil aufhöre, wolle die Gemeinde an einem markanten Punkt in der Feldflur ein großes Kreuz errichten. Einzelne Familien kamen dem ebenfalls nach und versprachen, dass ihre Nachfahren die religiösen Symbole pflegen und in Ehren halten sollten. Die über Generationen hinweg übertragenen Gelöbnisse zeigten ihre Wirkung. Nachkommen, die die Kreuze vernachlässigten, erlitten Unheil. Und erlebten, sobald sie das Versprechen einlösten – eine Wendung zu Glück und Wohlstand. So zumindest ist es überliefert.
So wurden die Kreuze zu einem festen Bestandteil der Gemeinde und zum Symbol für die Ewigkeit. Die Menschen errichteten sie aus Dankbarkeit, vor dem Soldatentod an der Front entkommen zu sein. Als Erinnerung an zu Tode gekommene Menschen und Warnung an nachfolgende Generationen, vor Gefahren. Eines ist Überbleibsel eines jahrhundertealten Kreuzwegs. Einige zeigen die typisch katholische Verehrung der Mutter Gottes. Und teilweise ranken sich mündlich überlieferte Sagen um diese Orte: mysteriöse Erscheinungen, Hinweise auf vergrabene Schätze oder kleine Wunder. Die Kreuze können auch Erinnerungen sein an frühere Kapellen. Oftmals sind sie von regional bekannten Künstlern und Kunsthandwerkern hergestellt.
Gut informiert wandern
Der Wanderweg „Gelobte Kreuze“ ist unterteilt in zwei Etappen. Der erste, Teil ist acht Kilometer lang und in zweieinhalb Stunden zu bewältigen, der zweite ist vier Kilometer lang und in einer Stunde zu erwandern. Ein Flyer ist in den Tourist-Informationen Winterberg und Hallenberg erhältlich. Er nimmt den Wanderer an die Hand und erklärt die Bedeutung aller Stationen. Wahlweise nehmen Gäste an einer geführten Wanderung mit der zertifizierten Natur- und Landschaftsführerin Ursula Schüngel teil. Zwei Termine stehen für 2015 bereits fest: 28. Mai und 24. Oktober, jeweils 13 Uhr Landhaus Liesetal und Dorfplatz Liesen. Die Teilnahme kostet 4 Euro(mit SauerlandCard 10% Rabatt). Anmeldungen: Landhaus Liesetal, Familie Dollberg, Tel. 02984 9212-0 oder per E-Mail: info@haus-liesetal.de. Gruppenführungen sind auf Anfrage möglich. Kontakt: Natur- ,Landschafts- und Geoparkführerin Ursula Schüngel Tel. 02984-8401.
Spirituelles Wandern
Diese besinnliche Art zu wandern ist ähnlich wie Pilgern kein reines Durchstreifen der Landschaft, kein reiner Naturgenuss. Spirituelle Wanderer wollen bewusst Aussteigen aus dem Alltag, um Bewusstsein zu erlangen und einem ganz bestimmten Ziel näher zu kommen. Wandern wird zu einer spirituellen Praxis. Der Weg und die Stationen der Wanderung tragen ganz bestimmte Bedeutung, die es sich bewusst zu machen gilt. Spirituellen Wanderern geht es weniger um Naturgenuss. Sie wollen meist neue Erfahrungen machen, ein Bewusstseinswandel und eine Neuordnung des Lebens erleben.
Religiöse Motive sind jedoch kein Muss. Wege wie der Wanderpfad „Gelobte Kreuze“ sprechen nicht nur christlich orientierte Menschen an. Auch Naturliebhaber und kulturell Interessierte machen ähnliche Erfahrungen. Für viele Wanderer ist ihre Tour ein spirituelles Erlebnis. Natur wird zum Medium und zu einem kleinen Paradies. Christliche Symbole sind Ausdruck von Geschichte und Tradition. Sie erzählen vom menschlichen Zusammenleben in der Region. Die gemachten Erfahrungen verhelfen zum Lösen von alten Denk- und Verhaltensmustern und zu einer Neubesinnung und den damit verbundenen Glücksgefühlen.
Der staatlich anerkannte Erholungsort Liesen…
…liegt im Hochsauerland im Gebiet der Stadt Hallenberg und gehört somit touristisch zur Ferienregion Winterberg. Im auslaufenden Bergmassiv des Rothaargebirges liegt das Dörfchen landschaftlich sehr schön eingebettet in einem schmalen Wiesental, umgeben von bewaldeten Höhenrücken (500 – 800 m über NN). Landwirtschaft und Tourismus prägen den Ort – zum Ausspannen, Erholen und Energie tanken. Die Einwohner sind sich einig: „Die Kreuze geben unserer Gemeinde das Besondere und Charakteristische, sie sind Zeugen des religiösen Sinnes unserer Vorfahren.“ Mit dem Weg und dem Niederschreiben der überlieferten Geschichten zu den Kreuzen wollen die Liesener ihre Tradition bewahren und lebendig halten.