Siegen / Olpe. Zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden ist nicht nur eine Frage der Qualifikation. Auch Alter und Herkunft spielen eine Rolle. Fünf Großunternehmen wollen von Herbst an nur noch anonymisierte Bewerbungen annehmen und so Diskriminierungen verhindern. Franz J. Mockenhaupt, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Siegen (IHK), bezweifelt, ob sich der Aufwand wirklich lohnt.
Studien haben gezeigt, dass Menschen mit einem ausländisch klingenden Namen trotz gleicher Qualifikation seltener zu Bewerbungsgesprächen eingeladen werden als solche mit einem deutsch klingenden Namen. Auch Frauen, die in ihrer Bewerbung angeben, zwei Kinder zu haben, erhalten angeblich häufiger eine Absage, als wenn sie den Nachwuchs verschweigen. „Diese anonymisierten Bewerbungen sind zwar gut gemeint, lösen das vermeintliche Problem aber nicht“, bewertet der Siegener IHK-Hauptgeschäftsführer den Vorstoß von Ministerin Kristina Schröder, die das Verfahren zuerst im Bundesfamilienministerium einführte. Mockenhaupt: „Das durch dieses Verfahren angestrebte Ziel, Diskriminierungen zu verhindert, ist zwar ehrenwert. Es wird aber mit einem immens hohen bürokratischen Aufwand erkauft.“
Gerade für kleine und mittelständische Unternehmen bedeutet es laut Siegener IHK einen unvertretbaren Aufwand, alle relevanten Daten wie jegliche Angaben zu Alter, Geschlecht, Herkunft, Adresse oder Familienstand aus den Bewerbungsunterlagen herauszufiltern. „Die Diskussion tut zwar gut und sensibilisiert für das Problem“, erläutert Franz J. Mockenhaupt. Aber einen Zwang, die anonyme Bewerbung einzuführen, dürfe es nicht geben. „Wer wirklich diskriminieren will, der tut das sowieso – spätestens im zweiten Schritt beim Vorstellungsgespräch“, ist sich der IHK-Hauptgeschäftsführer sicher. Außerdem zähle für die Unternehmen in erster Linie die Qualifikation für die zu besetzende Stelle und nicht Herkunft oder Familienstand; und das immer mehr, je drängender die Demografieprobleme werden. Unternehmen, die in den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe darüber nachdenken, auch bei sich das anonymisierte Bewerbungsverfahren einzuführen, sind ihm nicht bekannt.