Siegen – Leistungsprobleme, ein klammer Geldbeutel, der Wunsch nach beruflicher Neuorientierung – und manchmal auch einfach eine geringe Motivation. Die Gründe für einen Studienabbruch sind vielfältig, haben alle jedoch eines gemeinsam: Sie bringen Schwierigkeiten mit sich; wie es weiter gehen soll, ist häufig unklar. Dem soll jetzt Abhilfe geschaffen werden: Mit Navi, einer neuen, exklusiven Beratungsstelle für (potenzielle) Studienabbrecher.
Entwickelt wurde Navi von den großen Akteuren am heimischen Arbeitsmarkt: Agentur für Arbeit Siegen, Industrie- und Handelskammer Siegen (IHK Siegen), Handwerkskammer Südwestfalen, KM:SI GmbH, der Universität Siegen und den beiden Kreisen, Siegen-Wittgenstein und Olpe. Die Beratungsstelle wird in der Agentur für Arbeit Siegen angesiedelt und von der Berufsberatung für Abiturienten durchgeführt.
„Navi ist in seiner Form einzigartig“, sagte Dr. Bettina Wolf, Leiterin der Agentur für Arbeit Siegen, heute anlässlich einer gemeinsamen Pressekonferenz der Initiatoren. „Es gibt bundesweit schon einige Beratungsstellen, aber der Zusammenschluss dieser starken Partner zeigt die Bedeutung für die Region und den gemeinsamen Willen, echte Perspektiven für jungen Menschen in der Region anzubieten.“
Navi wird getreu seines Namens als erstes die Ratsuchenden zur richtigen Stelle navigieren: Berufsberatung und Ausbildungsstellenvermittlung bei der Agentur für Arbeit, Beratung zur weiteren beruflichen Entwicklung durch die KM:SI GmbH. Für diejenigen, die gerne das Studienfach wechseln möchten, steht die Zentrale Studienberatung der Universität Siegen zur Verfügung.
Besonders leicht soll es werden, Kontakt mit Navi aufzunehmen. Per SMS, Nachricht über Facebook, oder – ganz klassisch – per Telefon oder persönlich in der Agentur für Arbeit. „Es soll möglichst keine Barrieren für die Kontaktaufnahme geben. Deswegen versprechen wir als Partner auch, dass innerhalb von einer Woche ein Beratungstermin zustande kommt“, beschrieb Dr. Bettina Wolf das Konzept von Navi.
Im Zusammenschluss der Initiatoren steckt auch nach Meinung von Franz Mockenhaupt, Hauptgeschäftsführer der IHK Siegen, die besondere Stärke von Navi. „Wir geben mit Navi als Region besonders den Studienabbrechern der MINT-Fächer ein Versprechen. Allen, die wollen und die können, bieten wir einen konkreten Ausbildungsplatz an.“
Und auch ein weiteres Angebot haben die Initiatoren für die Ausbildungsinteressierten im Gepäck. Es besteht die Möglichkeit, bisher erbrachte Schul- und Studienleistungen auf die Ausbildung anrechnen zu lassen und so die Ausbildung zu verkürzen.
Dahinter soll für Region und für Studienabbrecher ein Gewinn stecken. „Wir bieten mit Navi in Zeiten der Unsicherheit Halt, Orientierung und echte Perspektiven an“, erläuterte Reinhard Kämpfer, Geschäftsführer der KM:SI GmbH.
Aber auch die Region soll profitieren. „Wir müssen Rahmenbedingungen für die Betriebe der Region schaffen, weiterhin genügend Auszubildende zu finden. Der Arbeitsmarkt in den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe wird ab 2018 bis 2032 allein aus demografischen Gründen etwa 23.000 Männer und Frauen verlieren. Die Studienabbrecher sind mit den bereits gesammelten Erfahrungen und Kenntnissen ein echter Gewinn für die Region“, zeigten sich die beiden Landräte aus Siegen-Wittgenstein und Olpe, Andreas Müller und Frank Beckehoff überzeugt.
Auch Verena Kurth von der Handwerkskammer Südwestfalen ist sich des Potenzials der Studienabbrecher sicher. „Betriebsinhaber schätzen ihren analytischen Blick und ihre Reife, als künftige Führungskräfte oder auch als Betriebsnachfolger sind sie potenzielle Kandidaten. Abgänger aus den MINT-Fächern haben darüber hinaus theoretische Vorkenntnisse, die in den technischen innovativen Handwerksberufen eine hervorragende Grundlage bilden.“
An den Start gehen wird Navi ab dem neuen Wintersemester im Oktober. Dann wird es auch, so ist Prof. Dr. Holger Burckhart, Rektor der Universität Siegen, überzeugt, den Universitätsstandort noch attraktiver machen. „Wir als Universität zeigen damit, dass wir nicht nur für optimale Studienbedingungen sorgen, sondern uns auch um die Studierenden kümmern, wenn eine Änderung in der beruflichen Entwicklung sinnvoll ist.“
