Kreis Soest – Bereits dreieinhalb Jahre ist Zimmerin Andrea Lucie (27) als Wandergesellin auf der Walz. Jetzt strebt sie wieder heimwärts nach Hillmicke, einem zur Gemeinde Wenden im Kreis Olpe gehörenden 1.000 Seelen-Dorf. Auf ihrer Heimreise wird sie traditionell von Kolleginnen und Kollegen begleitet. So waren es gleich sieben Wandergesellinnen und Wandergesellen auf einmal, die am Montag, 23. Mai 2016, im Soester Kreishaus „zünftig um das Kreissiegel“ für ihre Wanderbücher vorsprachen.
Pressesprecher Wilhelm Müschenborn begrüßte die drei Frauen und vier Männer, organisierte den Stempel und lud die Zimmerleute, Dachdecker, Tischler und Dachklempner zu einem Essen in die Kantine ein. Mindestens drei Jahre und einen Tag sind sie „freireisend“ unterwegs und kommen während dieser Zeit ihrem Heimatort nicht näher als 50 Kilometer. Diesen alten Brauch pflegen deutschlandweit rund 400 Gesellen, darunter gut zehn Prozent Frauen. In dieser Zeit legen die Wandergesellin oder der Wandergeselle ihre Nachnamen ab.
Das hat auch Andrea Lucie aus dem Sauerland so gehalten. Genauso, wie sie die anderen ungeschriebenen Gesetze der Walz befolgt hat. Öffentliche Verkehrsmittel sind bei der Wanderschaft tabu, ebenso wie die Übernachtung in Hotels oder Pensionen. Die Wandergesellen sind daher auf Gastfreundschaft angewiesen und wissen nie, wo sie abends ihr Lager aufschlagen. Trotzdem hat Andrea Lucie nach dem üblichen Jahr im deutschsprachlichen Raum fünf Kontinente gesehen. Dabei hat sie „zu 99 Prozent“ positive Erfahrungen gemacht. „Die Welt ist schön, die Welt ist nicht schlecht“, fasste sie bei der Rast im Kreishaus ihre Erlebnisse zusammen.
Die Gesellen sollen auf der Walz ihrer Zunft alle Ehre machen und einen vernünftigen Eindruck hinterlassen. Wer auf Wanderschaft geht, darf daher keine laufenden Verpflichtungen, keine Schulden, nicht Frau bzw. Mann und Kind und auch kein Vorstrafenregister haben. Ein guter Leumund ist also Grundvoraussetzung.
