Hemer – Für die Berufsfelderkundung im Rahmen der Landesinitiative „Kein Abschluss ohne Anschluss“ suchen die Hemeraner Schulen und das Bildungsbüro des Märkischen Kreises Unternehmen, die Plätze für Erkundungstage in ihrem Betrieb anbieten. Vorreiter sind dabei die Packmittel-Profis von der Firma Schulte. Bei der Projektvorstellung mit Bürgermeister Michael Esken sowie Michael Herget und Birgit Schroeder vom Regionalen Bildungsbüro des Märkischen Kreises machte Geschäftsführer Engelbert Schulte in seinem Betrieb an der Amerikastraße Nägel mit Köpfen. Und meldete seinen Betrieb für dieses Projekt an. Profitieren wird nicht nur er, sondern ganz sicher auch die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler.
Was will ich einmal werden? Eine Frage, die in der achten Jahrgangsstufe für fast alle Schülerinnen und Schüler wichtiger ist, als der Satz des Pythagoras. Und die Beantwortung dieser Frage ist meistens auch schwerer, als sich mit rechtwinkligen Dreiecken zu beschäftigen. Und mal ehrlich: Wer kannte seine persönlichen Stärken mit etwa 13 oder 14 Jahren wirklich genau? Nach dem Schulabschluss suchen daher viele erst einmal eine „Studentenbude“ oder beginnen eben „irgendeine“ Ausbildung. Mit dem Ergebnis, dass „25 bis 30 Prozent die Ausbildung vor dem Abschluss abbrechen“, weiß Michael Herget von der Bildungsagentur. Eine leidliche Erfahrung, die auch Engelbert Schulte gemacht hat. Ein Ausbildungsplatz im kaufmännischen Bereich wurde bereits nach nicht einmal der Hälfte der Ausbildungszeit wieder frei. Kündigung. Abbruch. Umorientierung. Ein komplett anderes Berufsfeld wurde gewählt. Schulte: „Das bringt uns nichts, und das bringt auch dem jungen Menschen nichts.“ Exakt – verschenkte zeit auf beiden Seiten.
Die Landesinitiative soll genau solchen Fällen frühzeitig entgegenwirken. Zunächst wird allen Schülerinnen und Schüler eine so genannte Potenzialanalyse angeboten. Die individuellen Gespräche mit den Jugendlichen werden von psychologischen Instituten oder Bildungsträgern geführt, die zuvor vom Bildungsbüro des Kreises geprüft und ausgewählt wurden. Birgit Schroeder vom Bildungsbüro möchte keine Missverständnisse aufkommen lassen: „Das ist keine Berufsberatung von Lehrern im herkömmlichen Sinne!“ Vielmehr sollen die Sinne der Jugendlichen für deren Fähigkeiten gemeinsam geschärft werden. In der Praxis folgen dann drei Berufserkundungstage zwischen April und Juni in lokalen Betrieben. Für die Schülerinnen und Schüler heißt das: Drei Chancen, drei unterschiedliche Berufsfelder zu beschnuppern.
Für die Unternehmen, wie die Packmittel-Profis, die beliebig viele Berufserkundungstage anbieten können, gilt das Gleiche: Viele künftige Bewerberinnen und Bewerber, die man schon einmal zwischen Kreissäge und Lager gesehen haben könnte. Genau das ist es, was Engelbert Schulte so interessiert und ihn während der Projektvorstellung in seinem Besprechungsraum immer wieder eifrig mitschreiben ließ.
Der Ort war nicht zufällig gewählt – der Geschäftsführer sucht beispielsweise händeringend nach Auszubildenden – vor allem für das Berufsfeld des Holzmechanikers. Die mangelnde Bekanntheit des Berufsbildes spiele hier eine Rolle. Für Bürgermeister Esken ist die Unterstützung des Projektes selbstverständlich: „Unser Ziel muss es sein, die Auszubildenden hier in der Stadt zu halten.“
Der Aufwand für dieses neue Projekt hält sich schließlich für alle Beteiligten auch in Grenzen. Der zeitliche Umfang eines Berufsfelderkundungstages entspricht einem Schultag. Die Berufsfelderkundung kann für einzelne Jugendliche oder auch kleine Gruppen von den Betrieben angeboten werden. Unternehmen, die Berufsfelder zum „Schnuppern“ in ihrem Betrieb anbieten möchten, können diese in der Datenbank unter www.berufsfelderkundung-mk.de eintragen.
In diesem Schuljahr nehmen bereits die Realschule und das Woeste Gymnasium aus Hemer an der Berufsfelderkundung statt. Daher appellierten Julia Wetter und Martin Markovski von der Realschule sowie Niklas Pohlmann vom Gymnasium ebenfalls an die Unternehmen, die Jugendlichen bei der Ermittlung eines zu ihnen passenden Ausbildungsberufes zu unterstützen.
Denn was für Töpfe gilt, gilt für Kisten schon lange – auf jede passt ein Deckel. Letzterer muss nur gefunden werden. Und weil die Packmittel-Profis das aus eigener Erfahrung nur zu gut wissen, haben sie die Suche über die Berufsfelderkundung bereits begonnen.