Iserlohn / Menden / Altena / Märkischer Kreis – Die Betrüger rüsten verbal auf: Am Dienstag (28.01.2020) kombinierten sie Enkeltrick- und Falsche-Polizei-Masche. Ein Iserlohner Senioren-Ehepaar (84 und 79) wäre fast drauf reingefallen. Die beiden waren bereits auf dem Weg zur Geldübergabe nach Bochum. Sieben Mendener erstatteten in den vergangenen Tagen Anzeigen wegen Anrufen falscher Polizeibeamter.
Es ist längst nicht mehr nur die simple „Wir-haben-Einbrecher-festgenommen“-Lügengeschichte, die Senioren aufgetischt wird. Die Betrüger am Telefon agieren immer geschickter und überzeugender. Selbst Menschen, die von der falschen Polizei gelesen haben, gehen den Anrufern auf den Leim. Die Täter in ausländischen Callcentern treiben mehr Aufwand, bauen komplexe Lügengeschichten, treiben erheblichen Aufwand – und erbeuten damit binnen Wochen im ganzen Land Millionen. Die Polizei in NRW kennt diverse Varianten auch der Lügengeschichte, auf die am Dienstag das Iserlohner Ehepaar fast hereingefallen wäre. Viel fehlte nicht.
Anrufe von Enkelin und Polizei
Die Geschichte beginnt am Morgen mit einem Telefonanruf. Die Polizei fasst zusammen, was am Dienstag passiert.
Stufe 1: Die falsche Enkelin Eine Frau mit vorgespielt heiserer Stimme bittet um Hilfe. Der Enkeltrick nimmt seinen Lauf. Natürlich weiß der Senior im ersten Augenblick nicht, wer an der Leitung ist. Er nennt einen Namen und sofort schlüpft die Betrügerin in die Rolle der genannten Person. Der alte Herr bleibt skeptisch.
Stufe 2: Der Anruf ist kaum beendet, da klingelt das Telefon erneut. Diesmal meldet sich angeblich die Polizei Bochum! Der angebliche Polizeibeamte erzählt etwas von einer angeblichen Telefonüberwachung. Um ganz sicher zu gehen, könne der Senior gerne zurückrufen unter der 110. Der angebliche Kripo-Beamte bringt den Senior dazu, vorher andere Tasten vorzuwählen. So merkt der Mann nicht, dass er in Wirklichkeit NICHT in der Leitstelle der Polizei in Iserlohn landet. Unbemerkt hält er stattdessen die Leitung des Betrüger-Anrufs offen. Am anderen Ende sitzen mehrere Täterinnen und Täter, die hin und her verbinden. Im Hintergrund spielen die Täter inzwischen gerne vermeintlichen Polizeifunk ein und Einsatzsignale losfahrender Streifenwagen.
Der Iserlohner Senior landet wieder bei seinem angeblichen Sachbearbeiter. „Sie MÜSSEN uns helfen!“, appelliert der Betrüger an die Verantwortung eines gebildeten Bürgers. Der falsche Kripo-Beamte kündigt ihm einen weiteren Anruf der falschen Enkelin an. Das passiert tatsächlich.
Stufe 3: Die völlige Verwirrung Der Senior hat mehrere Telefone. Er telefoniert nun auf zwei Leitungen gleichzeitig mit den Betrügern:
Auf der einen Leitung bettelt die falsche Enkelin um viel Geld. Die Forderungen steigen in hohe fünfstellige Höhen.
Auf der anderen Leitung hört vermeintlich die Polizei mit – doch es ist tatsächlich der Betrüger, der den Senior anstachelt. „Sie MÜSSEN uns helfen.“ Und zwar schnellstens! Es geht um einen sechsstelligen Betrag.
Stufe 4: Vollzug und Wende Der Senior und seine Frau machen sich auf den Weg nach Bochum. Sie sollen das Geld dort in der Sparkasse abheben. Unterwegs bekommen sie Anweisungen, was sie den Bank-Mitarbeitern erzählen sollen, um jeden Verdacht im Keim zu ersticken. In diesem Moment erwacht bei den Opfern neues Misstrauen. Von unterwegs ruft die Frau „zur Sicherheit“ die 110 an. Sie landet in Bochum – diesmal bei der echten Polizei. Die rät dringend, sofort umzudrehen und in Iserlohn Anzeige gegen falsche Enkelin und Polizei zu erstatten.
Aus Iserlohn nimmt ein echter Kripobeamter Kontakt auf mit dem Ehepaar, das auf der Rückfahrt von Bochum ist. Die Senioren sind vollkommen berechtigt äußerst misstrauisch. Der echte Kripobeamte schickt ihnen einen Streifenwagen. Die uniformierten Polizeibeamten untersuchen die Wohnung des Ehepaars, um sicherzustellen, dass keine Einbrecher die Abwesenheit nutzen. Dann fährt das Ehepaar zum Kriminal-Kommissariat im Kreishaus, um seine Geschichte zu Protokoll zu geben.
Erneute Warnung der Polizei
Noch einmal warnt die echte Polizei eindringlich vor den immer findigeren Betrügern.
Die Polizei ruft NIE unter der 110 an!
Die Polizei nimmt NIE Geld in Verwahrung!
Die Polizei spannt KEINEN Bürger einfach so in Fahndungsmaßnahmen ein – und verlangt schon gar nicht den Einsatz privaten Vermögens!
KEINE Auskunft geben über vorhandenes Geld oder Vermögen!
Wenn ein Betrüger anruft, umgehend Anzeige erstatten bei der ECHTEN Polizei!
Eine ausführliche Legende mit vielen Gesprächspartnern bietet KEINERLEI Gewähr für eine wahre Geschichte. Die Betrüger treiben einen erheblichen Aufwand. Sie agieren äußerst geschickt und gehen extrem flexibel mit den Informationen um, die sie am Telefon erhalten.
Die Betrüger üben massiven psychischen Druck auf. Deshalb lautet der einfachste Rat: Auflegen! Das hat nichts mit Unhöflichkeit zu tun.
Nach einem betrügerischen Anruf KEINEN Rückruf auslösen. Stattdessen Hörer auflegen, Ruhe bewahren, bis 10 zählen und dann per Hand die 110 eingeben. Noch besser wäre es, ein anderes Telefon zu nutzen. So können Opfer sicher gehen, in der Aufregung nicht doch wieder bei den Betrügern zu landen.
Betrüger nutzen örtliche Telefonverzeichnisse und klappern alle Namen ab, die nach Senioren klingen. Wer die Gefahr verringern will, Opfer dieser Betrüger zu werden, sollte sich aus dem öffentlichen Verzeichnis streichen lassen oder zumindest keine Vornamen mehr angeben.
Verhaltenstipps – Veranstaltung der echten Polizei
Um fiese Maschen und Tricks von Betrügern geht es am 5. und 12. Februar in der #Altenaer Burg Holtzbrinck: Michael Hufnagel aus unserem Kommissariat Kriminalprävention gibt jeweils ab 15 Uhr Verhaltenstipps für Seniorinnen und Senioren. Veranstalter der Nachmittage im Begegnungszentrum ist das Altenaer Stellwerk. Es geht um Fragen wie:
„Was tun, wenn jemand mit der 110 anruft?“
„Was tun, wenn ich angeblich im Lotto gewonnen habe?“
Kriminalhauptkommissar Michael Hufnagel wird erklären, wie man sich zu Hause sicherer fühlen kann. Am ersten Termin wird er Tipps rund die „Sicherheit an der Haustür“ geben. Beim zweiten Termin steht die „Sicherheit am Telefon und im Internet“ im Focus. Der Eintritt ist frei.
Quelle: Kreispolizeibehörde Märkischer Kreis