Märkischer Kreis – Ob als hässlicher Schandfleck in der Natur oder als ärgerliche Hinterlassenschaft an Straßenecken oder in Hinterhöfen – illegale Abfallbeseitigung stört nicht nur Auge und Nase, sie birgt auch Gefahren für die Umwelt.
Es ist schon verflixt: Steht einmal ein alter Kühlschrank im Hof, türmt sich nicht selten binnen kurzer Zeit ein wilder Müllberg auf – scheinbar ganz von allein. Gerade bei warmen Temperaturen im Sommer entwickeln solche illegalen Müllhaufen unangenehme Gerüche. Für Ungeziefer und Nagetiere wird er bald zum willkommenen Treffpunkt, insbesondere dann, wenn sich zwischen den großen blauen Müllsäcken auch noch aufgerissene Wurst- und Schinkenverpackungen samt Resten des nicht mehr besonders appetitlichen Inhalts finden.
Für die Kreisangestellte Volkmann von der Unteren Abfallbehörde ist es ein leidiges Thema. Sie ist beim Märkischen Kreis zuständig für die illegale Müllbeseitigung auf privaten Grundstücken und an Kreisstraßen. Dabei wird sie zeitweise von zwei Außendienstmitarbeitern des Fachdienstes Gewässer unterstützt. „Es gibt nicht mehr viel, was wir noch nicht gesehen haben“, schildert Volkmann. Selbst Gefahrgut wie Benzinkanister oder Ölbehälter landen in der wilden Müllkippe ebenso wie normaler Bauschutt, Farbeimer, Zigarettenschachteln, Plastik-tüten, Kühlschränke, Spülmaschinen und andere Haushaltsgeräte. Das birgt Gefahren für die Umwelt: Chemikalien können in den Boden und das Grundwasser eindringen. Oft weiß niemand, wie giftig die einzelnen Bestandteile der wilden Müllkippe für Mensch und Tier sind. Elektroschrott wie Mobiltelefone und Computer beispielsweise enthalten Blei, Quecksilber, Cadmium und andere gefährliche Stoffe.
Um das Gefahrenpotential abzuschätzen, rücken die Kreismitarbeiterin oder ihre Kollegen aus, wenn es wieder mal Beschwerden gibt. Vor Ort suchen sie dann nach Hinweisen auf den Verursacher der „Umwelt-Ferkelei“, denn manchmal hinterlassen die Übeltäter nicht nur ihren Müll, sondern gleichzeitig Spuren.
„Hat es alles schon gegeben“, weiß Außendienstler Dieter Pohl zu berichten. „Schön ist es, wenn wir Kontoauszüge oder Adressaufkleber auf abonnierten Zeitschriften finden“, so Pohl weiter. Die finanziellen Verhältnisse der Übeltäter sind dabei für die Kreismitarbeiter weniger interessant als deren Namen. „Finden wir die Verursacher, zeigen sie sich in der Regel als überaus geknickt und reuig“, erklärt Volkmann. Umso mehr, wenn ihnen Hintergründe und Folgen von illegaler Müllbeseitigung erläutert werden. „Wir betreiben großen Aufwand, um die Verursacher zu erwischen, denn der ist zunächst für die kostenpflichtige Beseitigung zuständig. Die Ermittlungen sind aber schwierig, weil viele Meldungen anonym bei der Verwaltung eingehen. Auch Zeugenaussagen sind selten, denn häufig werden Nachbarschaftsstreitigkeiten oder gar Repressalien befürchtet“, so die Kreismitarbeiterin.
Wird der Verursacher nicht ausfindig gemacht, ist der Grundstückseigentümer in der Pflicht. Liegt die illegale Müllhalde auf Privatgrundstücken, wird der Eigentümer zum unfreiwilligen Abfallbesitzer und muss für die Entsorgungskosten aufkommen. Das ist ungerecht, wie das Beispiel eines Landwirtes zeigt, auf dessen Maisfeld heimlich eine Wagenladung Unrat gekippt wurde. Doppeltes Pech für ihn: Er muss die Abfälle selbst einsammeln und auf eigene Kosten entsorgen.
Es gibt aber auch immer wieder Fälle von „Sammelleidenschaft“, die für die Abfallbehörde nicht so einfach zu handhaben sind. Mehrere abgemeldete Autos in Nachbars Garten zum Beispiel. Für den Grundstückseigentümer sind das wertvolle Kulturgegenstände deutscher Zeitgeschichte, die er auch noch für die Nachwelt erhalten will. Die Anwohner stört der Anblick der Rostlauben einfach nur. „So ein Fall dauert und ist aus abfallrechtlicher Sicht nur ganz schwer zu lösen. Wir müssen dem Grundstückseigentümer die Möglichkeit zur Stellungnahme geben. Wehrt sich jemand juristisch, hat er vor Gericht keine schlechten Chancen, da er ja mit seinem Eigentum so lange tun und lassen kann, was er will, falls keine Gefahr davon ausgeht“, so die Erfahrungen der zuständigen Sachbearbeiterin.
Wenn die Behörde weder den Verursacher ermitteln noch auf den Besitzer oder Eigentümer des Grundstückes zurückgreifen kann, muss die Allgemeinheit die Entsorgungskosten des wilden Mülls bezahlen. Juristisch nennt sich so etwas „Ersatzvornahme“. Nur ungerne denken die Kreismitarbeiter an einen Fall im Frühjahr des Jahres 2002 zurück. Im Inneren des maroden Bauwerkes der ehemaligen Drahtseil-Fabrik Adolf vom Braucke fand sich ein illegales Lager mit rund 150 000 Altreifen. Die ausgedienten Pneus mussten später auf Kosten des Märkischen Kreises weggeräumt und entsorgt werden. Das war für die Verwaltung nicht nur sehr personal- und zeitintensiv, sondern auch teuer.
Bleibt die Frage, warum der Abfall in zahlreichen Fällen in Wäldern, auf Äckern, an Straßenrändern oder auf Grundstücken illegal abgelagert wird. Für Außendienstler Pohl unverständlich: „Dafür gibt es eigentlich keinen Grund, da der Müll über die Städte und Gemeinden auf ordnungsgemäßen Wegen entsorgt wird.“ So können alle Beteiligte nur den Kopf schütteln. Es ist unfassbar, dass Menschen den Aufwand betreiben und beispielsweise einen schweren Kühlschrank ins Auto wuchten, um diesen dann bei einer Nacht- und Nebelaktion los zu werden. Einfacher ist da doch die Fahrt zum Bring- oder Recyclinghof, wo der E-Schrott auch noch kostenlos abgegeben werden kann.
Jeder sollte wissen, dass illegale Abfallbeseitigung kein Kavaliersdelikt ist: „Wer Müll außerhalb der zugelassenen Anlagen entsorgt, muss sich darüber klar sein, dass dies gleichermaßen Folgen für die Umwelt und für die Bürgerschaft haben kann“, informiert Volkmann. Für die Natur, falls etwa Schadstoffe in Luft, Wasser oder Boden austreten – und für die Allgemeinheit. Denn die Kosten für die Abfallbeseitigung in den ungeklärten Fällen tragen der Kreis und die Kommunen sowie letztlich die Bürgerinnen und Bürger als Gebührenzahler. Deshalb wird illegale Abfallbeseitigung auch mit einer Geldbuße geahndet, die bis zu 50.000 Euro betragen kann. Im Jahr 2012 wurden 135 illegale Abfallentsorgungen beim Märkischen Kreis neu gemeldet.
Wer macht was wo sauber???
Illegaler Müll an Straßen:
• Gemeindestraßen: Die jeweiligen Städte und Gemeinden
• Kreisstraßen: Märkischer Kreis
• Land-/Bundesstraßen: Landesbetrieb Straßen NRW, Straßenmeisterei Lüdenscheid
Illegaler Müll in Wald und Forst:
• Landesbetrieb Wald und Holz NRW, Forstamt Lüdenscheid
Illegaler Müll auf öffentlichen Flächen und Plätzen:
• Die jeweiligen Städte und Gemeinden
Illegaler Müll auf privaten Grundstücken:
• Märkischer Kreis
Entsorgungsmöglichkeiten im Kreis für Müll aus privaten Haushalten
Haus-, Rest- und Sperrmüll:
• Müllheizkraftwerk in Iserlohn
Bauschutt und Bodenaushub:
• Deponie in Lüdenscheid-Lösenbach als Boden- und Bauschuttdeponie
Sonderabfall:
• Schadstoffmobil und Annahmestelle auf dem Recyclinghof Stadtreinigungs-, Transport- und Baubetrieb Lüdenscheid (StL)
Elektroschrott:
• Annahmestellen der Recycling- und Bringehöfe der Städte und Gemeinden