IHK und Stadt luden zum Wirtschaftsgespräch nach Bad Laasphe
Siegen/Bad Laasphe – Die Sorge um den Fortbestand des Einzelhandels in der Innenstadt und die Benachteiligung einer nordrhein-westfälischen Kommune an der Landesgrenze, das waren die beherrschenden Themen des Wirtschaftsgesprächs in Bad Laasphe, zu dem die Industrie- und Handelskammer Siegen (IHK) gemeinsam mit der Stadt ins Hotel Am Fang eingeladen hatte. Einig waren sich Verwaltung, Politik und Händler darin, dass die Stadt in den vergangenen Jahren einen Spagat wagte. Zentrenrelevante Sortimente siedelte sie auf dem „Kochschen Gelände“ an. Die Kunden auch von jenseits der Landesgrenze nehmen das Angebot an. Im Gegenzug bringt der Standort, gut einen Kilometer von der Königstraße entfernt, Nachteile für die Altstadt: Hier fehlt ein Frequenzbringer. Fachgeschäfte haben es zusehends schwerer, müssen schließen. Von knapp 88 Millionen Euro Kaufkraft fließen rund 32 Millionen Euro ab, unter anderem nach Siegen, Bad Berleburg und Erndtebrück. Möglicherweise müsse man in diesem Zusammenhang den Denkmalschutz in der Altstadt offener interpretieren, regte Marco Butz von der IHK an. So könne man zum Beispiel darüber nachdenken, aus zwei kleinen nebeneinanderstehenden Ladenlokalen ein größeres zu machen, um die Attraktivität des Standortes für Händler zu erhöhen. Erste Gespräche mit der Denkmalbehörde seien geführt worden. Ziel müsse sein, die Innenstadt als Gesicht des ganzen Wirtschaftsstandortes Bad Laasphe attraktiv zu halten – auch im Wettbewerb um Bürger und Fachkräfte.
Es fehle ein städtebauliches Entwicklungskonzept für Bad Laasphe, kritisierte Fotohändler Martin Achatzi. Und das letzte Einzelhandelskonzept stamme noch aus dem Jahr 2006. Hier müsse dringend etwas getan werden, forderte er. Ersteres gebe es in Form des Integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzeptes (ISEK) für Bad Laasphe gemeinsam mit dem Umland bereits, entgegnete Bürgermeister Dr. Torsten Spillmann. Und Letzteres werde derzeit von der Stadtverwaltung erarbeitet. „Seit dem Film ‚Verlassen und verramscht – wenn keiner Omas Häuschen will‘ kommen außerdem zahlreiche Projektentwickler auf uns zu, um über die Immobiliensituation in Bad Laasphe zu sprechen. Das macht Mut“, berichtete Dr. Spillmann. „Es tut sich was, auch weil wir uns vermehrt um die Leerstände kümmern.“ IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener mahnte, nicht die Gefechte der Vergangenheit zu führen, sondern sich an einen Tisch zu setzen und von anderen Kommunen wie zum Beispiel Attendorn zu lernen. Hierbei wolle die IHK gern unterstützen.
Unterstützung benötigen überdies Online-Händler und Unternehmer beim Thema Breitbandanbindung. Diese lässt, vor allem in den Gewerbegebieten, sehr zu wünschen übrig. Nicki Herbig, Betreiber des Online-Shops Le Belgique in Feudingen, kann mangels Infrastruktur keinen eigenen Server aufbauen, sondern muss diesen bei einem Dienstleister anmieten. „Es entstehen Kosten von 200 Euro pro Monat. Das macht die Region unattraktiv.“ Prinz Carl-Albrecht zu Sayn-Wittgenstein sah in der mangelhaften Breitbandversorgung gar einen Grund für Landflucht und eine Wertminderung für Grundstücke und Immobilien. „In Kenia habe ich eine bessere Anbindung erlebt als hier.“
Einen weiteren Standortnachteil sah Hermann-Josef Droege, stellvertretender IHK-Hauptgeschäftsführer, in den fiktiven, vom Land festgeschriebenen Steuer-Hebesätzen. Dieser Mechanismus führe im Ergebnis dazu, dass der Hebesatz für die Gewerbesteuer in Bad Laasphe bei 495 Prozent liege, während er in den hessischen Nachbarkommunen Biedenkopf nur 350 Prozent, in Hatzfeld sogar nur 310 Prozent betrage. Ein ähnliches Bild bei der Grundsteuer B: Bad Laasphe erhebe hier 495 Prozent., während Biedenkopf moderate 320 Prozent und Hatzfeld lediglich 310 Prozent verlange. Droege: „An diese Hebesätze sind Standortfragen gebunden. Dieser Wettbewerb zu den Kommunen der angrenzenden Bundesländer wird in Düsseldorf jedoch nicht hinreichend beachtet. In Verbindung mit der wenig attraktiven Verkehrsanbindung und der unterdurchschnittlichen Breitbandanbindung macht das diese Region nicht sonderlich attraktiv für Unternehmen.“