Bestwig – Es sind höchst unterschiedliche Interessen, die beim Thema Windkraft aufeinanderprallen: Viele Bürger setzen auf größtmögliche Abstände zur Wohnbebauung; Projektierer wollen Planungsfreiheit sowie Wirtschaftlichkeit. Die „große Politik“ forciert den Ausbau der Erneuerbaren Energien; für Städte und Gemeinden ist die Standort-Steuerung und Rechtssicherheit ihrer Planungen ein wichtiger Faktor. All das versucht die Gemeinde Bestwig bei der Änderung ihres Flächennutzungsplanes „unter einen Hut“ zu bringen. Jetzt hat die Gemeindeverwaltung den aktuellen Stand der Planungen der Öffentlichkeit vorgestellt.
Rund 80 Interessierte waren dazu in den Bürgersaal des Bürger- und Rathauses gekommen. Bürgermeister Ralf Péus machte das Ziel des Planverfahrens deutlich: Zum einen solle der rechtlichen Vorgabe, der Windkraft „substanziell Raum zu geben“, Genüge getan werden. Und zum anderen gehe es darum, „Wildwuchs“ zu verhindern: „Wir wollen die Windkraft auf einige Bereiche begrenzen.“ Eine Vorentscheidung sei mit dem aktuellen Vorentwurf allerdings noch nicht gefallen: „Wir befinden uns noch in einem relativ frühen Stadium des Verfahrens.“ Laut Zeitplan werde es noch anderthalb Jahre bis zur Rechtskraft dauern; zuvor habe die Bürgerschaft nochmals Möglichkeit zur Mitsprache.
Dipl.-Ing. Michael Ahn, Stadtplaner im Büro WoltersPartner, stellte den Planentwurf vor. Grundüberlegung: „Man darf als Kommune die Windkraft räumlich konzentrieren – man darf sie aber nicht einschränken.“ Um ein schlüssiges Planungskonzept zu erstellen, hat der Gemeinderat einheitliche Regeln – so genannte „Tabukriterien“ – definiert, nach denen das Gemeindegebiet „unter die Lupe genommen“ worden ist. Herausgekommen sind acht Suchräume: Die Bereiche „Kahler Kopf“, „Ostenberg“, „Steinbruch“, „Berlar-Heimberg“, „Bastenberg“, „Wasserfall-Dörnberg“, „Twilmecke“ und „Valme“.
Dabei machte Michael Ahn auch klar, dass es bei den Tabukriterien selbst nur wenig Freiheit für die Bürgervertreter gibt: „Optisch bedrängende Wirkung, Beleuchtung, Eiswurf, Tourismus und Infraschall sind keine relevanten Kriterien.“ Zweifelsohne könnten dies „Angstthemen“ für die Bevölkerung sein – „für die planerische Bewertung spielen sie aber keine Rolle.“ So sei der vom Rat gewählte Abstand von 950 Metern zur Wohnbebauung immissionsrechtlich eigentlich nicht notwendig, betonte der Planer: „Es ist eine Vorsorgeentscheidung ihrer Politik.“ Das Problem: Wenn am Ende des Auswahlprozesses nicht „substanziell Raum“ für die Windkraft verbleibe, müssten diese Abstände noch reduziert werden. Klar müsse aber sein: „Mit dem Planverfahren handelt die Gemeinde absolut im Interesse ihrer Bürger“, so Michael Ahn: „Würde das Windrad nicht in 950 Meter Entfernung stehen, würde es in 500 Meter Abstand stehen.“
In der Diskussion nahmen zahlreiche Bürger zur aktuellen Planung Stellung. Vertreter des Vereins für Umwelt- und Naturschutz Hochsauerland (VUNH) berichteten über Sichtungen geschützter Vogelarten – solche Beobachtungen müssen in die notwendigen Artenschutzgutachten einfließen.
Ein Bürger aus Nuttlar plädierte dafür, den Arnsberger Wald frei von Windkraft zu lassen – und erhielt dafür Unterstützung von einem Windkraft-Vorhabenträger. Man dürfe nicht die Konflikte „auf die Spitze treiben“ – vielmehr „müssen wir zu gemeinsamen Lösungen kommen.“ Vertreter der Bürgerinitiative „Besorgte Bürger Velmede“ übten besonders Kritik an dem konkreten Vorhaben, auf dem „Kahlen Kopf“ zwischen Velmede und Halbeswig fünf Windräder zu errichten. Anlieger würden von den Anlagen optisch quasi „erschlagen“ – Aspekte Umweltschutz und Infraschall seien nicht ausreichend im Bauantrag berücksichtigt.
Bürgermeister Ralf Péus lud die Bürgerinnen und Bürger ein, sich auch am weiteren Verfahren zu beteiligen. Zudem seien alle aktuellen Entscheidungen, Dokumente und Sitzungstermine stets auf der Homepage der Gemeinde Bestwig unter www.bestwig.de einzusehen: „Größtmögliche Transparenz ist uns wichtig.“