Neunkirchen – Der Landesentwicklungsplan von 1995 soll neu aufgelegt werden. In dem Planungsinstrument der Landesplanungsbehörde werden die räumlichen Ziele und Grundsätze der Landesentwicklung für die nächsten 10 bis 15 Jahre festlegt. Die Neuauflage macht engere Vorgaben für zukünftige Flächennutzungen. Ziel der Landesregierung ist es, den übermäßigen Flächenverbrauch zu stoppen. Dem gegenüber stehen die Kommunen, die für ihre Bürger Wohnbauflächen und für die Unternehmen Gewerbeflächen bereithalten wollen.
Neunkirchens Bürgermeister Bernhard Baumann gehen die Maßgaben zu weit. Er sieht die Kommunen in ihrer Planungshoheit beschnitten. „Insbesondere für die Gemeinden im Drei-Länder-Eck ist die Situation aufgrund der räumlichen Nähe zu Hessen und Rheinland-Pfalz sowie der beengten topografischen Lage sehr ungünstig. Dies sollte bei den Planungsvorgaben unbedingt berücksichtigt werden“, erklärt Baumann. Darum beabsichtigt der Verwaltungschef an die Landtagsabgeordneten Tanja Wagener und Jens Kamieth zu appellieren, damit diese sich für die Gemeinden des südlichen Siegerlands einsetzen.
Relevant für die Gemeinde Neunkirchen seien im Wesentlichen drei Punkte des Landesentwicklungsplans: die Gewerbeflächen, die Wohnbauflächen und der Status als Mittelzentrum.
Der Landesentwicklungsplan sieht vor, dass Gewerbeflächen künftig nur ausgewiesen werden dürfen, wenn dafür bereits geplante Gewerbeflächen zurückgenommen werden. Dadurch sieht Baumann die Ansiedlung neuer und die Expansion bestehender Unternehmen gefährdet: „In Neunkirchen haben sich eine ganze Reihe Unternehmen angesiedelt. Möchte sich eine dieser ortsansässigen Firmen vergrößern, sollten wir ihr dazu auch im eigenen Gemeindegebiet die Gelegenheit geben. Das ist insbesondere wichtig, um Arbeitsplätze zu schaffen und Gewerbesteuer einzunehmen.“ Ansonsten drohe die Abwanderung über die Landegrenze, wo es derartige Planungshemmnisse nicht gebe, so der Verwaltungschef.
Der Landesentwicklungsplan berücksichtigt nicht die Topografie des Siegerlandes. „10 Hektar Brutto-Gewerbefläche sind aufgrund von Hanglangen noch lange nicht 10 Hektar Netto-Gewerbefläche“, so Baumann.
Auch neue Wohnbauflächen sollen dann nicht mehr ausgewiesen werden: Nur Neubaugebiete, für die bereits ein Bebauungsplan besteht, haben die Chance realisiert zu werden. Eine Ansiedlung auf der grünen Wiese ist nach dem Entwurf vom 25. Juni 2013 künftig ausgeschlossen, ebenso wenig ist die Rodung von Waldflächen vorgesehen, um dort Raum für Gewerbeansiedlungen oder Baugebiete zu schaffen.
Im Idealfall soll ein Neubau auf einer bereits einmal bebauten Fläche erfolgen, ein Unterfangen, das insbesondere beim Wohnungsbau nur schwer zu verwirklichen zu sein scheint: „Junge Eltern und ihre Kinder zieht es in neue Baugebiete“, weiß Baumann. Attraktive Grundstücke etwas außerhalb der Ortszentren seien daher für Familien ein nicht zu unterschätzender Standortfaktor.
Als dritten Punkt führt Baumann den Status Neunkirchens als Mittelzentrum an. Insbesondere wegen der engen Pendlerverflechtung nach Rheinland-Pfalz wurde die Hellergemeinde bislang als Mittelzentrum eingestuft. Die bringt standortstärkende Vorteile: Mittel- und Oberzentren würden seitens der Landesregierung bei Bau- und Sanierungsprojekten eher gestützt als Grundzentren, mutmaßt Baumann. „Würden wir zum Grundzentrum degradiert, könnten wir von solcherlei Maßnahmen nicht mehr profitieren.“
Der Bürgermeister plädiert für eine Sonderregelung für die Gemeinden im südlichen Siegerland: „Wachstum ist elementar für eine lebendige Kommune, denn neue Arbeitsplätze ziehen Arbeitnehmer und deren Familien an. Der neue Landesentwicklungsplan würde das Wachstum in unserer Region jedoch hemmen“, konstatiert er und wirbt für mehr Selbstverwaltungsmöglichkeiten der Gemeinden.
Mit seiner Haltung schließt sich Baumann den Bedenken des Städte und Gemeindebundes Nordrhein-Westfalen (StGB NRW) an. Dieser begrüßt zwar eine Überarbeitung des LEPs, möchte aber – um Preissteigerungen bei Grundstücken abzufangen und Entwicklungsblockaden zu verhindern – die Planungshoheit weiterhin bei den Städten und Gemeinden wissen.