Siegen, 18. Januar 2013 – Erhebungen zufolge stellt sich alljährlich für etwa 770 Unternehmen aus den Kreisen Olpe und Siegen-Wittgenstein die Nachfolgefrage. Gibt es jemanden, der aus der Familie den Betrieb übernimmt? Oder empfiehlt sich ein Verkauf? Kaum eine andere unternehmerische Aufgabe fordert den Inhaber so sehr wie die Entscheidung, das eigene Unternehmen in andere Hände zu geben. Dementsprechend groß war die Resonanz auf eine Informationsveranstaltung, zu der die Industrie- und Handelskammer Siegen (IHK) zur Vorbereitung und Gestaltung von Unternehmensnachfolgen in der vergangenen Woche in ihr Haus eingeladen hatte.
„Suchen Sie keinen Denkmalpfleger, sondern einen Nachfolger“. Mit dieser Aufforderung an die mehr als 70 Teilnehmer brachte Maria Wirtz, Nachfolge-Expertin der TMS Unternehmensberatung AG, Köln, ein typisches Übergabeproblem auf den Punkt: Wer seinen Betrieb abgibt, erwartet häufig unbewusst, dass der Nachfolger in „seine Fußstapfen“ tritt und alles beim Alten bleibt. Die Botschaft der Referentin: „Stellen Sie sich auf Änderungen ein, lassen Sie Änderungen zu“. Das aber ist bei Weitem nicht die einzige Herausforderung. Der Unternehmer sollte seine Familie einbeziehen. Welche Tochter, welcher Sohn ist schon bereit in ein Unternehmen einzutreten, wenn nur der Ärger, nicht aber die Erfolge des Betriebes tagtäglich am Familientisch diskutiert werden? Die Expertin riet dazu, „familieninternes Marketing“ zu betreiben, um an dieser Stelle nicht schon früh eine Abneigung gegen die Unternehmertätigkeit entstehen zu lassen.
Eine andere Hürde auf dem Weg zur Unternehmensnachfolge ist die richtige Einschätzung des Unternehmenswertes. Die Erwartungen des Inhabers liegen oft deutlich über dem, was der potentielle Nachfolger wirtschaftlich verkraften kann. Häufig bleiben Immobilien im Eigentum der bisherigen Inhaber. Hierdurch können neben der Finanzierung des Gesamtvorhabens weitere Kosten entstehen, die der Nachfolger tragen muss. Die Expertin empfahl, die Planung der Unternehmensnachfolge sehr frühzeitig anzufassen und nichts dem Zufall zu überlassen. Vor Überraschungen schützen ein stets aktuelles Testament sowie eine sorgfältige rechtliche und steuerliche Vorbereitung. Es wäre falsch, hier zu sparen, so Wirtz.
Jeder Betriebsinhaber sollte sich auch um einen Notfallplan kümmern. Dieser ist nicht nur für ältere Unternehmer wichtig. Auch junge Unternehmen können ungeplant ohne Geschäftsleitung dastehen. Wer entscheidet, wenn der Chef plötzlich ausfällt? Wer hat Zugang zu den wesentlichen Unterlagen und Konten? In einer solchen Notlage sind sowohl der Betrieb als auch die Familie betroffen. Darauf muss ein Unternehmen vorbereitet sein, so die Referentin.