SiegenSoziales und Bildung

Eine internationale Pflegeschule für Siegen-Wittgenstein

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Siegen – Der Kreis Siegen-Wittgenstein möchte eine „Internationale Pflegeschule“ etablieren. Das schlägt Landrat Andreas Müller vor. In der Schule sollen Fachkräfte aus dem Ausland sowohl für die Alten- als auch die Krankenpflege – stationär wie ambulant – ausgebildet werden.

Partner des Projektes sind der Kreis Siegen-Wittgenstein, das BiGS, also das Bildungsinstitut für Gesundheitsberufe Südwestfalen, dessen Trägerkliniken und seine Kooperationspartner. Zudem ist das Kommunale Integrationszentrum des Kreises eng mit eingebunden.

Schon im nächsten Jahr, im April 2023, soll es losgehen, machte Landrat Andreas Müller bei der Vorstellung des Projektes den ambitionierten Zeitplan deutlich. Dann sollen erstmals 20 junge Leute ihre Ausbildung im BiGS aufnehmen. Die Auszubildenden werden aller Voraussicht nach aus Vietnam kommen, so der Landrat: „Warum aus Vietnam? Das hängt mit unserem Partner, der internationalen Kolping Pflegeschule in Kempten zusammen. Die hat wiederum Kooperationspartner im Ausland, unter anderem die Sprachenschule Devi in Vietnam und das vietnamesische Generalkonsulat. Sie alle haben uns eine Zusammenarbeit angeboten – die wir sehr gerne annehmen und vertiefen möchten“, erläuterte Müller.

Die internationale Kolping Pflegeschule in Kempten wurde 2018 gegründet und hat, bezogen auf ihre inhaltliche Ausgestaltung, bundesweit ein Alleinstellungsmerkmal. Die Zusammenarbeit zwischen dem Kreis Siegen-Wittgenstein und der Kolping-Pflegeschule ist insbesondere deshalb zustande gekommen, weil sich die konzeptionelle Ausrichtung der hiesigen Überlegungen mit denen des Kolpingwerkes zu großen Teilen decken.
Um die Herausforderungen, vor denen Deutschland in der Pflege steht, zu beschreiben, verwies der Landrat auf einige wenige Zahlen: 2019 gab es im Bundesgebiet 4,1 Millionen Pflegebedürftige. Gleichzeitig waren 1,7 Millionen Menschen in der Pflege tätig. Ende dieses Jahrzehnts gehen die sogenannten „Babyboomer“ in Rente. „Wissenschaftlich gut abgesicherte Prognosen sagen voraus, dass 2050 rund 1 Millionen Fachkräfte mehr in der Altenpflege benötigt werden als heute. Allerdings werden schon 2040 insgesamt 20% weniger Arbeitskräfte auf dem gesamten Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen“, beschreibt der Landrat das zu erwartende Szenario: „Eine zwangsläufige Folge des demografischen Wandels: Immer mehr Menschen im Rentenalter – immer weniger Erwerbstätige. Die Schere geht weit auseinander. Dass das nicht funktionieren kann, ist offensichtlich. Also brauchen wir Fachkräfte aus dem Ausland“, so Müller.

Für die Internationale Pflegeschule sei es wichtig, nur Menschen aus Ländern anzuwerben, die nicht ebenfalls einen Fachkräftemangel beklagen. Idealerweise werden für die Internationale Pflegeschule Menschen aus Herkunftsländern gesucht, die eine hohe Arbeitslosigkeit haben und gleichzeitig gute Vorbedingungen für eine Pflegeausbildung bieten. „Aus unserer Sicht trifft das alles auf Vietnam, insbesondere im Kontext der Zusammenarbeit mit dem vietnamesischen Kooperationspartner, zu. Wir schaffen dort also keine neuen Probleme, wenn junge Leute aus Vietnam zu uns kommen“, ist Müller überzeugt.
Wichtig ist den Projektpartnern, dass die jungen Menschen nicht einfach hierhergeholt und dann sich selbst überlassen werden: „Wir legen einen Fokus auf die Begleitung und Betreuung der ausländischen Auszubildenden,“ unterstreicht Thomas Wüst, der als Dezernent nicht nur für Pflegefragen, sondern auch für das Kommunale Integrationszentrum zuständig ist: „Das muss aus meiner Sicht auch so sein, damit Integration gelingt. Aus den Erfahrungen der Vergangenheit haben wir gelernt: Es kommen Menschen, keine Arbeitskräfte“, betont er unisono mit dem Landrat.

Deshalb sieht die Konzeptskizze auch vier Säulen vor, in denen, neben der beruflichen Ausbildung auch und insbesondere die Integrationsaspekte und -anforderungen dargelegt sind, betonen die Projektpartner. Das sind:
1. der Recruiting- also Anwerbe-Prozess,
2. die Entwicklung der Sprachkompetenz,
3. leben – wohnen – lernen und
4. die Ausbildung.

Das BiGS, seine Trägerkliniken und Partner sowie das Kommunale Integrationszentrum des Kreises werden hier federführend aktiv sein. Der Kreis selbst hat eine moderierende und koordinierende Funktion.
„Verantwortliche in den Bereichen Gesundheits- und Krankenpflege sowie der Altenpflege haben, neben der verantwortungsvollen Pflege der Menschen, auch für gute Arbeitsbedingungen für diejenigen zu sorgen, die bereits in diesem Arbeitsfeld tätig sind. Dazu gehört auch und in erster Linie, eine gute Personalausstattung, die nicht erst seit Corona immer schwieriger zu bewerkstelligen ist“, erklärt Hubert Berschauer, der Geschäftsführer des BiGS und gleichzeitig Verwaltungsdirektor der Marien Gesellschaft Siegen.

Uwe Mayenschein, Institutsleiter des BiGS berichtet: „Neben einem Rückgang von Ausbildungsinteressierten, haben in der Vergangenheit immer wieder junge Menschen mit Migrationsgeschichte unsere Schule besucht, die der anspruchsvollen Ausbildung inhaltlich gewachsen waren, jedoch außerhalb Unterstützung brauchten. Daher ist der Fokus auf Integration in diesem Programm elementar.“
„Etwas Ähnliches wie unsere Internationale Pflegeschule gibt es in NRW noch nicht, in ganz Deutschland nach unserem Wissen tatsächlich bisher nur in Kempten“, betonen die Projektpartner. „Wir beschreiten wieder einmal Neuland. Aber ich bin überzeugt, dass unsere Internationale Pflegeschule dazu beitragen kann, den Fachkräftemangel in den Pflegeberufen bei uns in Siegen-Wittgenstein zumindest abzumildern“, ist Landrat Andreas Müller zuversichtlich.

Der Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Bevölkerungsschutz des Kreises wird sich am 30. November erstmals mit der Internationalen Pflegeschule beschäftigen. Der Landrat schlägt vor, das Projekt in den Jahren 2023 bis 2026 mit jeweils 87.000 Euro pro Jahr zu fördern. Der Kreistag wird abschließend in seiner Dezembersitzung über die Unterstützung entscheiden.

Quelle: Kreis Siegen-Wittgenstein

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