Absolventin der Universität Siegen für herausragende Abschlussarbeit zum Thema „Energiearmut“ ausgezeichnet
Siegen – In der Master-Arbeit zum Abschluss ihres Studiums der Sozialwissenschaften hat sich Nadine Schreiner mit dem drängenden Thema „Energiearmut“ befasst. Dafür hat die Absolventin der Universität Siegen jetzt den „Nachwuchsförderpreis Verbraucherforschung 2015‟ erhalten. Mehrere Absolventinnen und Absolventen der Universität Siegen haben in der Vergangenheit diesen Preis gewonnen; die interdisziplinäre Verbraucherforschung hat sich hier zu einem Schwerpunkt entwickelt. Nadine Schreiner wurde zusammen mit Dr. Magdalena Bekk (Uni Köln) und Dr. Sören Köcher (TU Dortmund) beim 8. NRW-Workshop Verbraucherforschung ausgezeichnet.
Die im Rahmen des Kompetenzzentrums Verbraucherforschung NRW (KVF NRW) ausgelobten Preise werden für wissenschaftlich exzellente und praxisrelevante Abschlussarbeiten vergeben. Projektpartner sind die Verbraucherzentrale NRW, das Wissenschaftsministerium (MIWF) und das Verbraucherschutzministerium (MKULNV) des Landes Nordrhein-Westfalen. Die Preise für die ausgezeichneten Forschungsbeiträge zu Verbraucherthemen sind jeweils mit 2.500 Euro dotiert.
Mit dem Phänomen „Energiearmut“ sind Haushalte und Personen gemeint, die auf Grund ihrer Energiekosten armutsgefährdet sind oder sogar in Armut abrutschen. Nadine Schreiner hat auf Basis eines britischen Modells errechnet, dass zwischen 7,7 und 9,7 Prozent aller Haushalte in Deutschland energiearm sind. Zwischen 3,1 und 3,9 Millionen Haushalte sind betroffen.
Die Absolventin der Universität Siegen konzentriert sich in ihrer Arbeit auf die Frage, wie Energiearmut definiert und gemessen werden kann. Im Fokus ihrer empirischen Analyse steht der derzeit anspruchsvollste Indikator für Energiearmut, den der Brite John Hills entwickelt hat. Dieser „low-income-high-cost“-Indikator (LIHC-Indikator) arbeitet mit Schwellen- bzw. Grenzwerten. Er bezieht unterschiedliche Datenquellen ein, unter anderem die modellierten Energiekosten von Haushalten. Frau Schreiner demonstriert, dass der britische Ansatz durchaus auf Deutschland übertragbar ist. Allerdings fehlen systematische Daten über den Zustand und die Effizienz von Gebäuden. Die errechneten Zahlen sind daher mit Vorsicht zu betrachten.
Nadine Schreiner zeigt am Beispiel der Energiearmut, welchen substantiellen Beitrag die empirische Sozialforschung zum Verständnis eines öffentlich diskutierten Problems leisten kann. Sie füttert den in Großbritannien von der Regierung genutzten LIHC-Indikator mit deutschen Daten des sozio-ökonomischen Panels. Ihr Betreuer, Prof. Dr. Christoph Strünck, betont den innovativen Ansatz der Arbeit: „Diesen Test gab es so noch gar nicht in Deutschland. Nadine Schreiner hat eine technisch sehr überzeugende und höchst eigenständige Arbeit vorgelegt, die auch auf Master-Niveau keine Selbstverständlichkeit ist“.
Neben dem Thema Energiearmut wurden Arbeiten zum Verbraucherverhalten und zur Wirkung von Bonusprogrammen ausgezeichnet. „Diese Mischung zeigt die Bandbreite der Verbraucherforschung“, erklärte Wolfgang Schuldzinski, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW, bei der Preisverleihung.
„Verbraucherforschung ist für uns zukunftsweisend“, sagte Verbraucherminister Johannes Remmel: „Es gilt, unsere Politik möglichst passgenau an den unterschiedlichen Belangen der Verbraucherinnen und Verbraucher auszurichten. Die Erkenntnisse der jungen Forscherinnen und Forscher sind dafür eine wichtige Grundlage“.
Wissenschaftsministerin Svenja Schulze erklärte: „Es ist das Ziel der Landesregierung, die Verbraucherforschung zu stärken. Deshalb wollen wir den wissenschaftlichen Nachwuchs besonders fördern. Denn nur ein Forschungszweig, der sich intensiv um den Nachwuchs bemüht, wird sich auch in Zukunft weiterentwickeln können und neue Impulse gewinnen.“
Die Preisträger 2015 und ihre Arbeiten
Nadine Schreiner: Auf der Suche nach Energiearmut: Eine Potentialanalyse des Low-Income-High-Cost-Indikators für Deutschland (Masterarbeit an der Universität Siegen, dotiert mit 2.500 Euro)
Dr. Magdalena Bekk: Essays on the Effects of Personality and Fit on Consumer Behavior (Dissertation an der Universität zu Köln, dotiert mit 2.500 Euro)
Dr. Sören Köcher: The Paradox of Points: Theoretical Foundation and Empirical Evidence of Medium Magnitude Effects in Loyalty Programs (Dissertation an der Technischen Universität Dortmund, dotiert mit 2.500 Euro)