Siegen – Noch immer weiß die Gesellschaft nicht viel über Sinti und Roma. Die meisten glauben zu wissen, dass es sich um irgendeine osteuropäische Volksgruppe handelt, von denen viele teilweise als Nomaden leben und umherziehen. Klischees wie diese, halten sich hartnäckig in unserem Denken und spiegeln die Wahrheit nicht ansatzweise wider.
„Viele Roma gehen zur Universität, arbeiten in guten Berufen und leben in ganz normalen Wohnungen. Den einen geht es gut, den anderen nicht so sehr, so wie das in jeder Volksgruppe der Fall ist. Der Unterschied ist, dass es für Roma immer noch viel schwieriger ist, Zugang zu diesem ‚normalen‘ Leben zu bekommen“, bedauert Ali Ismailovski, Vorstandsmitglied des Flüchtlingsrates NRW.
Sein Porträt war Teil der Ausstellung „Ungesehen – Lebensgeschichten von Sinti und Roma in Nordrhein-Westfalen“, die im Foyer des Kreishauses in Siegen zu sehen war. Begleitend dazu fand der Fachtag „EU-Binnenmigration aus Südosteuropa: Herausforderungen und Handlungsansätze“ im Kulturhaus Lÿz statt. Im Fokus stand unter anderem auch der Abbau von Klischees und Vorurteilen.
Bei Sinti und Roma handelt es sich keinesfalls um eine homogene Gruppe. Es bestehen starke kulturelle, religiöse, sprachliche, historische und regionale Unterschiede. Sie sind weltweit anzutreffen. Der Grund für diese globale Zersplitterung ist nicht, wie von vielen behauptet, ein Wandertrieb, sondern Sinti und Roma waren und sind durch Kriege, Verfolgung, Vertreibung und aus wirtschaftlicher Not zu dieser Wanderung gezwungen worden. In Deutschland leben sie schon seit ca. 600 Jahren und sollten eigentlich ein selbstverständlicher Teil unserer Gesellschaft sein.
Herausforderungen und Probleme für südosteuropäische Zuwanderer gibt es aber viele: Diskriminierung, ungerechte Bezahlung, Ausbeutung und kein Vertrauen in Behörden. Viele müssen noch immer täglich um ihre Menschenrechte kämpfen, selbst im Fortschrittsland Deutschland. Daher bot der Fachtag auch eine Gelegenheit mit vielen bundesweit agierenden Partnern ein Bewusstsein für diese Probleme zu schaffen und dem ganzen Thema eine Plattform zu geben. Die Teilnehmer erarbeiteten im Laufe des Tages Handlungsansätze um Fachkräften Möglichkeiten aufzuzeigen, wie mit diesen Herausforderungen umgegangen werden kann.
Aus ganz Deutschland kamen Akteure aus den Bereichen Schule, Jugendamt, Polizei, Gewerkschaft oder Arbeitsamt zum Austausch ins Kulturhaus Lÿz in Siegen zusammen. Organisiert vom Kommunalen Integrationszentrum Kreis Siegen-Wittgenstein in Kooperation mit dem Kompetenzteam NRW und der Universitätsstadt Siegen standen an diesem Tag zahlreiche Workshops und Plenardiskussionen auf dem Programm.
Unter den Referenten waren Roma und Nicht-Roma, unter anderem Mitarbeiter des Deutschen Gewerkschaftsbunds, Sozialarbeiter und Politologen. Sie berichteten aus ihrer Praxis und von ihren Lebenserfahrungen. Anfang des Jahres ist eine Folgeveranstaltung in Planung, um in unterschiedlichen Formaten Themen und Handlungsansätze zu vertiefen.
Quelle: Kreis Siegen-Wittgenstein