Bad Berleburg – Wisent-Kuh Gutelaune ist aus dem Besucherareal ausgezogen. Am Sonntag trat sie ihre Reise nach Lettland in ein Wisent-Gehege an. Auch zwei Kälbchen aus der Gruppe folgen ihr und können nun anderenorts zur Arterhaltung beitragen. Die Tiere befinden sich derzeit auf dem Weg ins Baltikum. „Wir mussten handeln, um Rangkämpfe zwischen den Bullen zu verhindern. Denn die können auch tödlich enden“, erklärt Coralie Herbst, die wissenschaftliche Koordinatorin des Wisent-Projektes.
Am Sonntag wurden die Tiere aus der „Wisent-Wildnis am Rothaarsteig“ herausgenommen. Dafür wurde das Besucherareal eigens ein paar Stunden früher geschlossen. Denn ein Wisent-Transport ist eine aufwändige Angelegenheit. Zuerst wurden die Tiere von Kreistierveterinär Dr. Wilhelm Pelger in Augenschein genommen. Anschließend wurden sie sediert, damit sie die Reise nach Lettland in ein mehrere Hundert Hektar großes Wisent-Gehege so gut wie möglich bewältigen können. Dafür stand ein qualifizierter und spezialisierter Tiertransport zur Verfügung.
Mit Gutelaune sind auch Quick und Quattro auf die Reise ins Baltikum gegangen. Quick wurde im Juli 2013 geboren, Quattro im September 2012. „Beide sind mittlerweile selbstständig und brauchen ihre Mutter nicht mehr“, berichtet Coralie Herbst. Bullen werden mit zirka drei bis vier Jahren geschlechtsreif. Dann kommt es auch zu Rangkämpfen in der Gruppe. In der frei lebenden Artenschutzherde sind auf diese Weise bereits zwei Jungbullen vom älteren Bullen Egnar getötet worden. „Dies möchten wir im Besucherareal von vornherein verhindern“, sagt Coralie Herbst. In den kommenden Jahren werden deshalb sicher auch weitere Jungbullen das Areal verlassen.
Für den Umzug von Gutelaune gibt es aber einen anderen Grund. Sie gehört zur Urfamilie in der „Wisent-Wildnis am Rothaarsteig“ und hat bislang vier Kälbchen zur Welt gebracht. Da Gutelaune jedoch keine Milch gibt, mussten alle vier Tiere aus der „Wildnis“ entnommen und aufwändig von Hand aufgezogen werden. Sonst hätten sie keine Überlebenschance gehabt. Wisent-Ranger Jochen Born und seine Familie haben dies im Sommer 2011 bei Quelle, im Herbst 2012 bei Quattro, 2013 mit Quick und aktuell im Sommer 2014 bei Quentin mit viel Einsatz und Engagement geleistet.
„Das Wisent-Projekt wächst immer weiter, die Zahl der Tiere nimmt kontinuierlich zu, und damit werden auch die Aufgaben für alle am Projekt Beteiligten größer“, erklärt Coralie Herbst. Das hat zur Folge, dass der Verein nicht mehr über die Ressourcen verfügt, weitere Kälbchen von Hand aufzuziehen. Deshalb wurde die Entscheidung getroffen, Gutelaune abzugeben. Gutelaune wird im Lettland-Gehege mit einer Gruppe von paarungsunfähigen Wisent-Jungbullen zusammenleben, so dass sich die Frage von Handaufzuchten dort nicht mehr stellt.
In der „Wisent-Wildnis am Rothaarsteig“ leben nun Bulle Horno, die Kühe Fasel und Faye, die ursprünglich aus der Alten Fasanerie in Hanau kamen, sowie die 2014 geborenen Jungbullen Quambo, Quax und Quentin – außerdem die 2011 geborene Quelle. Diese Gruppe kann nun erst einmal in dieser Besetzung zusammenbleiben – und wieder wachsen.
Das Artenschutzprojekt wird vom Bundesamt für Naturschutz aus Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und dem Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen sowie vom Kreis Siegen-Wittgenstein, der Stadt Bad Berleburg und zahlreichen privaten Sponsoren gefördert.
Nähere Informationen gibt es im Internet unter www.wisent-welt.de.