Das Erbe von Angela Merkel ist ein Dauerthema der aktuellen Tagespolitik. So entbrannte in der CDU/CSU Fraktion neulich wieder Streit über Merkels Rückzug von der Kanzlerschaft. Insbesondere die konservative Werteunion um bekannte Parteimitglieder wie Gesundheitsminister Jens Spahn würde einen Rücktritt noch vor Ende der laufenden Legislaturperiode begrüßen. SPD-Chefin Andrea Nahles hatte ebenfalls angekündigt, eine „Halbzeitbilanz“ der Großen Koalition zu ziehen und eventuell bereits nach der Hälfte der Legislaturperiode die Zusammenarbeit zu beenden. Auch in Südwestfalen spürt man die Auswirkungen der aktuellen Politik. Was bliebe von Merkels Amtszeit in Erinnerung, falls sie Ende 2019 nach 14 Jahren Kanzlerschaft abtreten würde?
Pragmatische Kanzlerin, florierende Märkte
Zeit ihrer Kanzlerschaft war Merkel als Politikerin der Mitte bekannt, sie justierte die CDU in wichtigen gesellschaftspolitischen Fragen (Ehe für alle, Atomausstieg) neu und war stets bereit, dazuzulernen. Merkel gilt dennoch nicht umsonst als stabile Pragmatikerin, unter der sich die wirtschaftliche Situation Deutschlands trotz Finanzkrise verbesserte: So hat sich die Arbeitslosenquote unter Merkel von knapp zehn Prozent auf unter fünf Prozent reduziert. Sie griff 2008 ein und garantierte die Sicherheit der Sparer, war danach vorsichtig mit plötzlichen Reformen. Diese Politik der Stabilität sorgte für einen jahrelangen deutschen Aufschwung an Börsen und Devisenmärkten, sowie eine Stärkung des Euro. Anlagemethoden wie zum Beispiel die Eröffnung eines Forex Kontos erfuhren aufgrund dieser Stabilität unter Merkel einen Aufwind: Wer den Euro beim Devisenhandel als Basiswährung nutzte, konnte sich unter Merkel über hohe Profite freuen. Auch in Südwestfalen hat Merkels Politik zu sinkenden Arbeitslosenzahlen geführt: Rund 150.000 Stellen sind in Nordrhein-Westfalen aktuell sogar unbesetzt, nirgendwo sonst verringerte sich die Arbeitslosigkeit nach der Krise so stark wie in Südwestfalen.
Bei der Besoldung im internationalen Mittelfeld
Pragmatisch blieb Merkel auch immer beim Thema Gehalt: Mit einem Jahresgehalt von umgerechnet 369.727 Dollar liegt Merkel bei der Besoldung im internationalen Mittelfeld. Regierungschefs wie der australische Premier Scott Morrison (527.854 Dollar) oder auch Donald Trump (400.000 Dollar Jahresgehalt) liegen hier teils deutlich darüber. Die Besoldungserhöhung lag unter Merkel bei jährlichen 1,9 Prozent und damit fast exakt auf dem Niveau des jährlichen BIP-Wachstums. Damit hat sich die Prognose, dass die Besoldung von Politikern übermäßig stark ansteige, nicht bestätigt.
In Südwestfalen beliebt
In Südwestfalen kam Merkel, wie im gesamten Bundesland, während ihrer Kanzlerschaft gut an: Bei der Bundestagswahl 2017 erhielt die CDU in Nordrhein-Westfalen 38,3 Prozent der Erststimmen – mehr als im bundesweiten Schnitt. Allerdings hat sich die Anzahl der Fraktionen im Bundestag unter Merkel auch auf sechs erhöht. Ob die fortschreitende Auffächerung des deutschen Parteiensystems im Sinne einer pluralistischen Demokratie zu begrüßen ist oder lediglich zu künftigen Schwierigkeiten bei der Koalitionsbildung führen wird – das muss sich erst noch zeigen. Fakt ist, dass das „Zweieinhalb-Parteien-System“ der 60er und 70er Jahre bereits lange vor Merkel Erosionserscheinungen zeigte. Es ist politische Ironie, dass die SPD aufgrund der Agenda 2010, welche das Arbeitslosengeld sowie andere sozialstaatliche Leistungen beschnitt, und die CDU/CSU aufgrund einer Politik der offenen Grenzen in die Kritik gerieten. Beides sind Projekte, die man eher dem politischen Gegner zugeordnet hätte. Tatsache ist, dass sich unter Merkels Ägide der Ausländeranteil der Bevölkerung lediglich moderat auf knapp über zehn Prozent erhöht hat. Ob bei diesen Zahlen von einer Flüchtlingskrise in jenem Ausmaß gesprochen werden kann, von dem Merkels Kritiker berichten, ist fraglich.
Bricht Merkel Kohls Rekord?
Zuletzt hat Merkel auch in einem anderen Bereich für Stabilität gesorgt: So erhöhte sich die mit rund acht Jahren ohnehin lange durchschnittliche Amtsdauer deutscher Kanzler durch ihre bisher dreizehnjährige Regierungsdauer weiter – um wie viel genau, das wird die Zukunft zeigen. Denn eines ist klar: Fragt man Merkel selbst, so kann von einem frühzeitigen Rücktritt von der Kanzlerschaft keine Rede sein.