Siegen – Bereits seit 2008 wird der 28. Februar genutzt, um als Tag der seltenen Erkrankungen auf Krankheitsbilder hinzuweisen, die äußerst selten vorkommen, aber dennoch eine medizinische Versorgung erfordern. In der EU sind das Krankheiten, von denen nicht mehr als 5 von 10.000 Menschen betroffen sind. Davon gibt es aber dennoch etwa 7.000 bis 8.000 verschiedene, an denen rund 4 Millionen Menschen in Deutschland erkranken. In der gesamten Europäischen Union sind es ungefähr 30 Millionen.
Ihnen allen gemein sind sehr heterogene Gruppen von häufig komplexen Krankheitsbildern, die meist chronisch verlaufen, mit Invalidität und/oder eingeschränkter Lebenserwartung einhergehen und nicht selten bereits im Kindesalter zu Symptomen führen. Etwa 80% davon sind genetisch bedingt oder mitbedingt, selten sind sie heilbar.
Dabei erschwert die Seltenheit der einzelnen Erkrankungen aus strukturellen, medizinischen und ökonomischen Gründen sowohl die medizinische Versorgung der Betroffenen als auch die Forschung zur Verbesserung von Diagnose und Therapie.
Viele der jungen Betroffenen werden in der Region von multiprofessionellen Teams mit unterschiedlichen Spezialisten der DRK-Kinderklinik Siegen betreut. Exemplarisch aufzeigen möchte Dr. Holger Petri, Chefarzt des Sozialpädiatrischen Zentrums, die Probleme für Betroffene zum Aktionstag anhand des Costello-Syndroms: einem genetisch bedingten, komplexen Fehlbildungssyndrom, das weltweit bisher nur etwa 150 mal beschrieben wurde (Quelle: www.orpha.net). Die kleinen Patienten leiden an einer verzögerten Entwicklung, auffälligen Hautfalten an Händen und Füssen, ungewöhnlich flexiblen Gelenken und Herzanomalien sowie einem erhöhten Risiko für bestimmte Tumoren.
All diese Symptome alleine betrachtet verunsichern schon die betroffenen Familien – und führen zunächst aber häufig auch zu einer schwierigen Diagnoselage bei den Ärzten. Um sehr seltene Erkrankungen diagnostizieren und behandeln zu können, bedarf es oft einiger Erfahrung des Untersuchers und des Austauschs mit weiteren Spezialisten.
„Darum ist für uns Ärzte an der Klinik die interdisziplinäre Zusammenarbeit wesentliches Hilfsmittel, um schnell zu einer klaren Diagnose und entsprechenden Versorgungsleistungen über alle Fachbereiche zu kommen.“ So beschreibt Dr. Petri die große Herausforderung für alle Beteiligten.
Kinder mit Costello-Syndrom brauchen Unterstützung in der Entwicklung der Motorik (Physiotherapie), der Sprache (Logopädie), des Lernens und der Selbständigkeit (Heilpädagogik). Unterschiedliche Fachleute kümmern sich um das Skelettsystem, das Herz-Kreislaufsystem, die inneren Organe und das Wachstum, führen regelmäßige Ultraschall-Kontrollen durch, verordnen individuelle Hilfsmittel und bahnen den Weg in den Kindergarten und die Schule.
Diesen Herausforderungen kann man nur durch eine optimale Koordination der Anstrengungen aller Beteiligten begegnen. Im Falle der zwei in Siegen betroffenen Kinder arbeitet der Entwicklungsneurologe unter anderem mit den Kinderkardiologen, anderen Kinderfachärzten und den Kinderorthopäden an der Klinik und im MVZ zusammen, um eine möglichst optimale Versorgung der unterschiedlichen Probleme gewährleisten zu können.
Aus Sicht des Kinderarztes Dr. Petri machen solche Problematiken deutlich, wie wichtig eine aktive Vernetzung und Zusammenarbeit der vielen Spezia- listen der Klinik mit den niedergelassenen Kinderärzten und Therapeuten in der Region ist. Nur so können schnell sichere Diagnosen gestellt werden, die zu einer erfolgreichen Behandlung führen. Grund genug also, einmal einen solchen Tag zu nutzen, um die Öffentlichkeit auf die Probleme der Betroffenen und Beteiligten hinzuweisen.