Siegen/Bundesgebiet – Immer mehr Kinder und Jugendliche leiden regelmäßig an Kopfschmerzen. Mehrere in den letzten Jahren durchgeführte Untersuchungen insbesondere an Schülern haben gezeigt, dass in Abhängigkeit vom Alter 29% aller Kinder manchmal, und 10% häufig Kopfschmerzen haben. Die Folgen sind oft Chronifizierung des Leidens und dadurch bedingt Beeinträchtigungen des normalen Tagesablaufes, schulischer Leistungen sowie zwischenmenschlicher Beziehungen.
Nachdem Kopfschmerzen bei Kindern lange Zeit nicht ernst genommen und als Befindlichkeitsstörung abgetan wurden, hat sich dies erfreulicherweise in den letzten Jahren geändert. „Da man heute mehr über die Entstehung von Kopfschmerzen weiß, kann man die einzelnen Formen besser unterscheiden. Dies ist die Voraussetzung für eine effektive Behandlung. In den meisten Fällen kommen bei Kindern und Jugendlichen die Migräne, der Spannungskopfschmerz oder eine Kombination aus beiden Kopfschmerzformen vor“, so fasst Dr. Martin Pritsch, Chefarzt der Abteilung Neuropädiatrie an der Siegener Kinderklinik, die Problematiken anlässlich des Deutschen Tags des Kopfschmerzes am 5. September zusammen.
In der DRK-Kinderklinik können betroffene Kinder in der Kopfschmerzambulanz der neuropädiatrischen Abteilung vorgestellt und betreut werden. Ziel ist es in diesem Rahmen, bei jedem Kind seine Kopfschmerzdiagnose zu stellen und im zweiten Schritt in den Gesamtkontext der Lebensbedingungen, des familiären Umfeldes, der schulischen Situation und des Gefühlslebens der Kinder und Jugendlichen zu setzen. Dabei bieten die ausführliche Anamnese und Untersuchung unter Zuhilfenahme von auf Kopfschmerzen abgestimmten Fragebögen sowie das Führen eines Kopfschmerztagebuchs die Voraussetzungen für eine effektive medikamentöse und nicht medikamentöse Behandlung.
Laut Dr. Pritsch ist es zunächst wichtig, mit den betroffen Kinder, Jugendlichen und ihren Eltern mögliche Kopfschmerzauslöser aufzuspüren um zu versuchen diese zu meiden, bevor es überhaupt zu einer Kopfscherzattacke kommt. Parallel erfolgt eine auf die jeweilige Kopfschmerzform und das Alter abgestimmte medikamentöse und/oder nichtmedikamentöse Akuttherapie, sowie die Beratung und Unterstützung der Eltern im Umgang mit den Kopfschmerzen ihrer Kinder. In selten Fällen, insbesondere wenn die Kopfschmerzen sehr häufig und heftig auftreten, zu starken Beeinträchtigungen des Alltags führen, oder die Akutmedikamente versagen, kann eine zeitlich begrenzte, vorbeugende Dauertherapie notwendig werden. Bevor Medikamente eingesetzt werden versucht man mit pflanzlichen Präparaten oder Nahrungsmittelergänzungsstoffen zum Erfolg zu kommen. Hierzu gehört auch die Möglichkeit der Teilnahme an einem altersbezogenen Kurs für Kinder von 7-11 Jahren und von 11-14 Jahren, in dem verschiedene Verfahren zur Vermeidung und Bewältigung der Kopfschmerzen erlernt werden. Auch die Anwendung der transcutan-elektrischen Nervenstimulation (TENS) zur Aktivierung unseres körpereigenen Schmerzhemmsystems wird eingesetzt.
Im Rahmen der Anamnese oder im Verlauf der Betreuung können sich Hinweise auf mögliche schulische und/oder seelische Probleme als Ursache der Kopfschmerzen ergeben. Hier müssen andere Wege der Behandlung beschritten werden, unter Einbeziehung von Psychologen oder auch der Schule. In diesem Zusammenhang kann der Einsatz psychodiagnostischer Testuntersuchungen hilfreich sein.
Wenn ambulante Maßnahmen zu keiner befriedigenden Besserung der Beschwerden geführt haben, besteht die Möglichkeit der stationären Aufnahme zur weiteren diagnostischen Abklärung und Einleitung einer Therapie.
Betroffene Patienten können sich zunächst auf der Homepage informieren oder in der Abteilung Neuropädiatrie unter der Rufnummer 0271/2345-329 nach Überweisung durch den niedergelassenen Kinder- und Jugendmediziner direkt einen Termin in der Kopfschmerz-Ambulanz vereinbaren.