Boris Raimicher ist Student der Wirtschaftswissenschaften. Auch in seiner Freizeit beschäftigt sich Raimicher gern mit Verkaufs- und PR-Strategien. Der folgende Kommentar dreht sich eine Kooperation der Stiftung Lesen mit dem Fast-Food-Giganten McDonalds.
Boris Raimicher: Seit etwa einem Monat gibt es in dem Happy Meal bei McDonalds kein Plastikspielzug mehr, sondern Lesestoff – eine Kooperation mit der Stiftung Lesen. Es hagelt als Reaktion scharfe Kritik, vor allem von der Verbraucherorganisation Foodwatch: Die Stiftung Lesen lasse sich für Marketingzwecke von dem Fast-Food-Unternehmen einspannen. Die Verteidigung der Stiftung Lesen kontert, sie habe die Kooperation bewusst eingegangen, um besonders bildungsfernere Bevölkerungsgruppen zu erreichen und den Analphabetismus in Deutschland zurückzudrängen. Dabei müsse man auch unkonventionelle Wege einschlagen.
Foodwatch bezieht dazu klare Stellung: Der Zweck heilige nicht die Mittel. Es sei ebenso essentiell, dass Kindern von Grund an die richtige Ernährung lernen. Es sei nicht die Rolle der Burger-Kette, die Alphabetisierung von Kindern voranzutreiben.
Es ist schon interessant, dass hier zwei Übel miteinander zu konkurrieren scheinen: Zum einen die zunehmende Fettleibigkeit in Deutschland und zum anderen der immer noch vergleichsweise hohe Analphabetismus und das Luxusgut Bildung. Zugegeben, beide hängen nicht unbeträchtlich zusammen, ist die Fettleibigkeit in bildungsferneren Schichten doch ungleich höher als bei Schichten hohen Bildungsgrades. Aber ist der Disput wirklich nötig? Es ist doch fraglich, ob durch ein Conny-Buch im Happy Meal eine ungesunde Ernährung vorangetrieben wird. Schließlich werden jene Kinder, die tragischerweise mehrfach die Woche mit ihren Eltern bei McDonalds zu Abend essen, dies mit hoher Wahrscheinlichkeit auch ohne eine Lektüre im Menü tun. Für mehr Zulauf wird das neue Happy Meal-Gadget sehr wahrscheinlich auch nicht sorgen – schließlich ist ein solches Mini-Buch günstiger als ein Menü bei McDonalds.
Fazit von Boris Raimicher
Der einzig mögliche Negativeffekt wäre eine Assoziation von Bildung und Fast Food in den Köpfen der Eltern, was zu einer noch niedrigeren Hemmschwelle beim regelmäßigen Besuch des Burger-Restaurants führen könnte. Doch auch hier ist eher gezielte Aufklärung gefragt – und zwar gezielt abgestimmt auf die Eltern, die bei der Ernährungserziehung ihrer Kinder die zentrale Rolle einnehmen. Die Kinderbücher sind daher das, was die Stiftung Lesen bereits gesagt hat: Eine Kampagne für die Kinder. Wie man die Eltern erreicht, ist eine andere Geschichte, wenn auch ebenso wichtig. Mit einem direkten Einfluss auf die Kinder bezüglich schlechter Ernährung hat diese Kampagne aber eher wenig zu tun.
Boris Raimicher